Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

Kreisgemeinden; das geltende Recht. (8. 125.) 427 
8. 125. 
6) Die Rechtsmittel. 
I. Die gewöhnlichen Rechtsmittel gegen die Veranlagung zu den Kreisabgaben 
sind die nämlichen wie bei den Gemeindesteuern, Einspruch und Klage. Der Einspruch 
ist binnen zwei Monaten nach erfolgter Bekanntmachung der Abgabenbeträge bei dem 
Kreisausschusse anzubringen; betreffs des Beginnes dieser Frist ist das Erforderliche oben 
S. 426 mitgeteilt." Gegen den Beschluß des Kreisausschusses findet dann innerhalb 
zwei Wochen die Klage bei dem Bezirksausschusse und gegen dessen Entscheidung die 
Revision an das Oberverwaltungsgericht? statt. Hinsichtlich des rechtlichen Charakters 
dieser beiden Rechtsmittel, Einspruch und Klage, der Voraussetzungen für ihre Anstellung 
und des Verhältnisses beider zu einander kann lediglich auf die obigen Ausführungen 
S. 317 ff. verwiesen werden, welche durchweg auch für die Kreisabgaben gelten. Hier 
ist nur die eine Frage zu erörtern, wer in concreto zur Erhebung des Einspruchs und 
demnächst zur Anstellung der Klage berechtigt ist, der einzelne Pflichtige, welcher seine 
Heranziehung für unrichtig hält, oder die Gemeinde, welche glaubt, daß auf Grund un- 
richtiger Veranlagüng das Soll, für dessen Aufkommen sie eventuell eintreten muß, falsch 
berechnet ist.“ Die Kreisordnung selbst giebt hierüber keinen Aufschluß, und es muß 
daher aus allgemeinen Erwägungen die Einspruchsberechtigung festgestellt werden. 
Einfach beantwortet die Frage sich da, wo die Gemeinde das Soll auf ihren Etat 
übernommen hat: hier kann nur sie gegen die Feststellung desselben mittels Einspruchs 
und Klage remonstrieren; der einzelne Censit zahlt ja gar nicht die Abgabe, welche der 
Kreisausschuß ihm angesonnen hatte, sondern eine dieselbe mit umfassende Gemeinde- 
steuer, und wenn er sich durch diese belastet fühlt, so muß er den für die Anfechtung 
der Veranlagung zu Gemeindeabgaben vorgeschriebenen Weg einschlagen. 
Anders bei den Gutsbezirken und denjenigen Gemeinden, in welchen eine Unter- 
verteilung nach dem vom Kreise angeordneten Verteilungsmaßstabe stattfindet; hier er- 
scheint in erster Linie der einzelne Pflichtige einspruchsberechtigt. Fühlt dieser sich durch 
eine gegen ihn geltend gemachte Kreisabgabenforderung beschwert, so kann er sich natur- 
gemäß wegen Abänderung derselben nur direkt an den Kreisausschuß wenden, nicht da- 
gegen an den Gemeinde= oder Gutsvorstand; dieser fordert von ihm ja nur das und muß 
das von ihm fordern, was der Kreisausschuß ihm angesonnen hat, er hat überhaupt nicht 
die Möglichkeit, die Veranlagung zu berichtigen. Ob und wie weit aber dem Gutsbezirk“ 
oder der unterverteilenden Gemeinde in diesem Falle ein Einspruchsrecht zusteht, kann 
zweifelhaft sein. Ausgeschlossen ist es jedenfalls insoweit, als das Einspruchsrecht der einzel- 
nen Pflichtigen Platz greift, denn das Bestehen eines Einspruchs= und Klagerechts der Ge- 
meinde neben dem Einspruchs= und Klagerecht des Einzelnen wegen einer und derselben 
Veranlagüng kann leicht zu verschiedenen verwaltungsrichterlichen Entscheidungen und 
unlöslichen Schwierigkeiten führen, auch ist, wie das Oberverwaltungsgericht wiederholt 
ausgesprochen hat, die Gemeinde oder der Gutsbezirk nie berufen, die Interessen seiner 
einzelnen Angehörigen zu wahren. Andererseits wird man aber ein Einspruchs= und 
Klagerecht den Gemeinden und Gutsbezirken da nicht versagen können, wo sie ein rechtliches 
Interesse an der Beseitigung unrichtiger Veranlagungen haben, ein interessierter und ein- 
spruchsberechtigter Pflichtiger aber nicht vorhanden ist; so z. B. wenn in dem überwiesenen 
Soll Veranlagungen solcher Personen enthalten sind, die bereits bei Beginn des Steuerjahres 
verstorben waren, auf welche also eine Unterverteilung überhaupt nicht stattfinden kann.“ 
  
  
  
  
1 Friedrichs, S. 133 ff.; v. Stengel, * Der Gutsbezirk wird hierbei nicht durch den 
S. 271 ff.; Bornhack, St. R., II, S. 291; Gutsvorsteher, sondern durch den Gutseigen- 
Grotefend, I, S. 694 ff., §. 283. tümer vertreten; O. V. G., XXI. S. 10; vgl. 
* Kr. O., §. 19; für Posen Ges. v. 10. Mai# auch oben S. 347. 
1889, Art. V, B, 4; O. V. G., X, S. 51. * O. V. G., XXI, S. 8. Anders liegt nach 
: Zust. G., §. 3; für Posen Ges. v. 19. Mai diesem Erkenntnis der Fall, wenn in dem über- 
1889, a. a. O. wiesenen Soll Veranlagungen solcher Personen 
Hierüber eingehend Friedrichs, S. 133 ff., enthalten sind, die bei Beginn des Steuerjahres 
Z. 2, auf Grund zahlreicher ungedruckter Entsch. aus dem Gutsbezirk bereits verzogen waren. 
des O. V. G. Diese Personen hat der Zutsversteher von der
	        
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