Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

430 Vierter Abschnitt. (88. 128, 129.) 
Vierter Titel. 
8. 128. 
Die Staatsaufsicht über die Kreisgemeinden.! 
I. Die Staatsaufsicht verfolgt bei den Kreisen dieselben Zwecke und Ziele wie bei 
den Gemeinden, sie hat vor allem dahin zu wirken, daß die Kreiskommunalverwaltung 
bei aller Selbständigkeit und Unabhängigkeit sich stets in Übereinstimmung befindet mit 
der Staatsverwaltung, deren Aufgaben sie im Grunde verwirklicht. Diese Aufsicht über 
die Verwaltung der Kreiskorporation wird ausgeübt von dem Regierungspräsidenten, in 
höherer und letzter Instanz von dem Oberpräsidenten, die aber beide in ihren Anord- 
nungen und Beschlüssen in weitem Umfange an die Mitwirkung des Bezirksausschusses 
bezw. Provinzialrates gebunden sind. Über diesen beiden Aufsichtsinstanzen steht noch 
der Minister des Innern, der durch geeignete Anweisungen an beide für eine einheitliche 
Handhabung der Staatsaufsicht in der ganzen Monarchie sorgen kann. Beschwerden an 
die Aufsichtsbehörden sind in beiden Instanzen innerhalb zwei Wochen anzubringen. 
II. Die Aufsichtsorgane haben negativ dafür zu sorgen, daß die Kreisgemeinden 
die gesetzlich gezogenen Grenzen ihres Wirkungskreises nicht überschreiten, und pofsitiv 
dafür, daß sie die ihnen obliegenden öffentlich -rechtlichen Pflichten erfüllen. Sie sind 
daher befugt, über die Gegenstände der Kommunalverwaltung Auskunft zu erfordern, die 
Einsendungen von Akten, insbesondere des Haushaltsetats und der Jahresrechnungen, 
zu verlangen, sowie Geschäfts= und Kassenrevisionen an Ort und Stelle zu veranlassen. 
Als besondere Ausflüsse des Aufsichtsrechts stellen sich dar: das Recht der Bestätigung 
gewisser, im Laufe der Darstellung erwähnter wichtiger Beschlüsse, das Recht ver Be- 
anstandung gesetz= und kompetenzwidriger Beschlüsse des Kreistages, des Ausschusses 
oder der Kommissionen 3, das Recht der Zwangsetatisierung, welches dem Regie-- 
rungspräsidenten ebenso den Kreisen wie den Städten gegenüber zusteht", und endlich 
die Auflösung der Kreisvertretung. 
Bierter Abschnitt. 
Die Provinzialgemeinden. 
Erstes Kapitel. 
S. 129. 
Geschichtliche Entwickelung der Provinzialgemeinden.“ 
I. Die Entwickelung der heutigen Provinzialverfassung geht aus von den Stän- 
den, welche sich im Mittelalter in allen deutschen Territorien entwickelt hatten. Zwar 
  
1 v. Stengel, Organisation, S. 280 ff.; 
Bornhack, St. R., II, S. 293 ff.; Grotefend, 1, 
S. 686 ff. 
2 Kr. O. ö., §. 177; w. u. rh., §. 92; hann., 
Staatsaufsicht durch den Regierungspräsidenten 
und in zweiter Instanz durch den Minister des 
Innern ausgeübt. A. u. L. O. hohenz., §. 81. 
* Vgl. hierüber oben S. 396, 403 und 404. 
8. 104; bess.-nass., §. 105; schlesw.-holst., s. 140. 
In Posen führt in einzelnen Beziehungen über 
dem ständischen Kreistag noch gemäß älteren Vor- 
schriften (Instr. für die Oberpräsidenten v. 31. Dez. 
1825 /G. S., 1826, S. 11, §. 2, 1; Kr. O. pos., 
§. 22) in erster Instanz der Oberpräsident und 
in zweiter Instanz der Minister des Innern die 
Aussicht; vgl. Hue de Grais, Hdbch. der Verf. 
u. Verw. in Preußen u. in dem dtschn. Reiche 
(10. Aufl., Berlin 1895), S. 1000, Anm. 22, u. 
oben S. 398. lber die Kommunalverwaltung der 
Oberamtsbezirke in Hohenzollern wird die 
  
* Vgl. hierüber oben S. 337 ff. u. Kr. O. ö., 
8. 180; w. u. rh., §. 96; hann., §. 108; heff.= 
nass., 8. 109; schlesw., holst., 8. 16 A. u. L.O. 
bohenz., 8. 85: für Posen Gefs. v. 10. Mai 1889, 
Art. V, B. 7. Die Klage gegen die Berfügung 
des Regierungspräsidenten steht hier natürlich 
dem Kreise zu, der zur Ausführung seiner Rechte 
vor dem O. V. G. einen besonderen Bertreter 
bestellen kann. Zust. G., §. 4. 
* Vgl. hierüber oben S. 396. 
* Litteratur: Vgl. die zu §. 101 angeführten 
Werke von Rauer, v. Lancizolle und v.
	        
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