Provinzialgemeinden; das geltende Recht. (8. 137.) 457
(Bezirks= Verband Verpflichtungen übernimmt, müssen unter Anführung des betreffenden
Landtags= bezw. des Ausschußbeschlusses vom Landesdirektor (Landesdirektorium) und von
zwei Mitgliedern des Ausschusses unterschrieben und mit dem Amtsssiegel des Landes-
direktors versehen sein; auch ist in Fällen, in denen es der Genehmigung der Staats-
aufsichtsbehörde bedarf, diese der Ausfertigung in beglaubigter Form beizufügen. Der
Landtag kann aber für einzelne Verwaltungszweige und Anstalten in betreff der Voll-
ziehung der Urkunden und Vollmachten vereinfachte Formen vorschreiben.!
Der Landesdirektor ist endlich befugt, für die Geschäfte der kommunalen Provinzial=
(Bezirks-) Verwaltung die vermittelnde und begutachtende Thätigkeit der Kreis-, Amts-
und Gemeindebehörden in Anspruch zu nehmen. Diese Inanspruchnahme darf aber
natürlich nur im Wege der Regquisition oder wechselseitiger Korrespondenz erfolgen, nicht
im Wege der Anweisung, da ein Subordinationsverhältnis der gedachten Behörden gegen-
über dem Landesdirektor nicht besteht.2
Mit der Beaufsichtigung der Gemeinden niederer und höherer Ordnung, mit der
Polizei und überhaupt mit der ganzen allgemeinen Landesverwaltung hat der Landes-
direktor nichts zu thun, er ist wie kein anderer Vorsteher eines Kommunalverbandes
lediglich Kommunalbeamter.
II. Dem Landesdirektor (Landesdirektorium) können nach näherer Bestimmung des
Provinzial-(Bezirks-) Statuts zur Mitwirkung bei Erledigung der Geschäfte der gesamten
und einzelner Zweige der kommunalen Provinzial-(Bezirks-)Verwaltung noch andere vom
Landtage zu wählende besoldete „obere Beamte"“ mit beratender oder beschließender Stimme
zugeordnet werden, welche für die Dauer ihres Amtes den Titel „Landesrat“ oder, sofern
ihnen besondere juristische oder technische Funktionen zugewiesen sind, auch den Titel „Landes-
syndikus“ oder „Landesbaurat“ führen dürfen.¾ Werden dem Landesdirektor, was bisher
nur in der Provinz Sachsen geschehen ist, „obere Beamte“ mit beschließender Stimme
beigegeben, und wird somit, ähnlich wie in Hannover, ein kollegialisches Landesdirek-
torium gebildet, so hat das Provinzial-(Bezirks-) Statut auch darüber Bestimmung zu
treffen, welche der durch die Provinzialordnungen dem Landesdirektor allein überwiesenen
Geschäfte von demselben unter Mitwirkung jener Beamten zu erledigen sind. Die
oberen Beamten werden vom Landesdirektor in ihre ÄAmter eingeführt und vereidigt."
b) Die übrigen Provinzial-(Bezirks-) Beamten.
Die Stellen der zur Wahrnehmung der Bureau-Kassen- und sonstigen Geschäfte der
Provinzial-(Bezirks-)Verwaltung erforderlichen Beamten werden von dem Landtage nach
Zahl, Diensteinnahme und Art der Besetzung (auf Lebenszeit, auf Zeit, auf Kündigung)
auf Vorschlag des Ausschusses durch den Etat bestimmt und vom Ausschusse, vorbehalt-
lich anderweiter Bestimmung des Landtages, besetzt. Die Beamten werden vom Landes-
direktor eingeführt und vereidigt und erhalten ihre Geschäftsinstruktionen vom Ausschusse.
1 Prov. O., §. 90, Abs. 2 u. 3, §. 91; hann., Stimme. Findet letzteres statt, so liegt eine Er-
§. 90, Abf. 2, 3 u. 5, §. 91; beff.-nass., S. 63,
Abs. 2 u. 3, F. 64; für Posen Vdg. v. 5. Nov.
1889, §. 24, Abs. 2, u. §. 25, u. Ges. v. 19. Mai
1889, Art. V, A., 2, Abs. 2 u. 3; A. u. L. O.
hohenz., . 74, Abs. 2 u. 3.
Über die vereinfachte Form, in welcher Urkun-
den und Vollmachten ausgestellt werden können,
bestimmen die verschiedenen Provinzialstatuten,
sür Posen die Vdg. v. 5. Nov. 1889, §. 25,
s. 2.
: Prov. O., §. 92; hess. jrasu-2 l 65; für
Posen Vdg. v. F Nov. 1889.
: lber diese Titel vgl. die * Erlasse v.
20. Jan. 1877 (V. M. Bl., S. 37) und v. 29. Oklt.
1877 (V. M. Bl., S. 280).
* Prov. O., g. 93; bess.-nass., 8. 66. In
Hannover können solche obere Beamte dem
Landesdirektorium beigegeben werden, und zwar
auch hier mit beratender oder mit beschließender
weiterung des schon an sich kollegialisch organi-
sierten Landesdirektoriums vor. — Betreffs der
Regelung in Sachsen vgl. §#§. 4 ff. des Pro-
vinzialstatuts v. 28.-Nov. 1876
I#. MärgSi (bgedr. bei v.
Brauchitsch, II, S. 257). Was in den übrigen
Provinzen die Zahl der oberen Beamten und die
Zeit anlangt, für welche sie angestellt werden,
so ist beides in den einzelnen (bei v. Brau-
chitsch, II. S. 247 ff. und in den betreffenden
Ergzbdn. mitgeteilten) Provinzialstatuten ver-
schieden normiert. In Posen sind nach §. 27
der Bdg. v. 5. Nov. 1889 dem Landesdirektor
zwei obere Beamte (Landesrat und Landesbau-
rat) beizugeben, weitere können ihm nach Pro-
vinzialstatut zugeordnet werden, aber alle dürfen
nur beratende Stimme haben und sind auf
Lebenszeit anzustellen.