Full text: Das Staatsrecht der Preußischen Monarchie. Ergänzungsband. Das Recht der Kommunalverbände in Preußen. (4)

466 Vierter Abschnitt. (8. 140.) 
e) Gegen die Verteilung steht den Kreisen (in Hessen-Nassau auch den Bezirks= 
verbänden)! innerhalb vier Wochen nach erfolgter Bekanntmachung der Abgabenbeträge 
die Reklamation bei dem Provinzialausschusse zu?, und gegen dessen Beschluß findet 
innerhalb zwei Wochen die Klage bei dem Oberverwaltungsgerichte statt. Die Zahlung 
der Abgabe darf jedoch durch die Reklamation und die Klage nicht aufgehalten werden, 
muß vielmehr mit Vorbehalt der spätern Rückerstattung des etwa zu viel Bezahlten zu 
den vom Landtage bezw. vom Ausschusse bestimmten Terminen erfolgen.“ 
f) Hinsichtlich der Nachforderung und der Verjährung zur Hebung gestellter Provin- 
zialabgaben enthalten die Provinzialordnungen ebenso wie die Kreisordnungen keine Vor— 
schriften, es gelten daher die allgemeinen Bestimmungen über die Nachforderung und 
Verjährung öffentlicher Abgaben. 
II. Die ganze Finanzverwaltung wird auf Grund eines Haushaltsetats geführt. 
Derselbe soll alle voraussehbaren Einnahmen und Ausgaben umfassen, vom Ausschusse 
für ein oder mehrere Jahre entworfen, dann vom Landtage festgestellt und durch die 
Amtsblätter bekannt gemacht werden. Bei Vorlegung dieses Etats hat der Ausschuß 
über die Verwaltung und den Stand der Angelegenheiten dem Landtage Bericht zu er- 
statten. Etatsüberschreitungen und außeretatsmäßige Ausgaben dürfen nur unter Ver- 
antwortung des Ausschusses stattfinden und bedürfen stets nachträglicher Genehmigung 
des Landtages. 
Jeder Provinzialverband (Bezirk) hat eine Provinzial-(Bezirks= oder Landes-) Haupt- 
kasse und gewöhnlich noch mehrere besondere Kassen der einzelnen Provinzialanstalten; 
die Einnahme= und Ausgabeanweisungen an erstere erläßt nur der Landesdirektor (das 
Landesdirektorium). Die Jahresrechnungen dieser Kassen sind von ihren Rendanten 
innerhalb vier Monaten nach Schluß des Rechnungsjahres zu legen und dem Ausschusse 
einzureichen. Dieser hat die Rechnungen zu revidieren, mit seinen Bemerkungen zu ver- 
sehen und dem Landtage zur Prüfung, Feststellung und Entlastung vorzulegen. Nach 
erfolgter Entlastung sind Auszüge aus den Rechnungen in den Amtsblättern zu ver- 
öffentlichen. UÜber die weitere Regelung des Rechnungs= und Kassenwesens kann der 
Landtag Bestimmungen treffen.“ 
Vierter Titel. 
8. 140. 
Die Staatsaufsicht über die Provinzialgemeinden. 
Die Staatsaufsicht gegenüber den Provinzial-(Kommunal-, Verbänden ist ihrem 
Zweck und Wesen nach die nämliche wie die Aufsicht über Kreise und Gemeinden. Sie 
wird ausgeübt von dem Oberpräsiventen, in höherer Instanz von dem Minister des 
Innern s; die Beschwerde an diesen ist gegen Aufsichtsverfügungen des Oberpräsidenten 
innerhalb zwei Wochen zulässig. Die Aufsichtsbehörden haben darüber zu wachen, 
daß die Verwaltung den Bestimmungen der Gesetze gemäß geführt und in geordnetem 
Gange gehalten werde. Sie sind zu dem Ende befugt, über alle Gegenstände der Ver- 
waltung Auskunft zu erfordern, die Einsicht der Akten, insbesondere auch des Haushalts- 
  
1 Nur die Kreise als solche sind reklamations- 3 Zust. G., §. 1. 
— 
berechtigt, nicht die einzelnen Kreisangehörigen, 
da diese dem Provinzialverbande gegenüber gar- 
nicht abgabenpflichtig sind. 
2 Prov. O., §. 112. In Hessen-Nassan 
reklamieren die Bezirksverbände wegen der ibnen 
überwiesenen Provinzialsteuern beim Prov. A,, 
die Kreise wegen der ibnen zugemuteten Be- 
zirkssteunern bei dem Landesausschusse. Prov. O. 
bess.-nass., §. 84 u. 8. 836, Abs. 3. — gl. auch 
A. u. L. O., §. 53. 
  
Prov. O., &113: hess.-nass., §. 85 u. 8. 86, 
Abf. 3. 
Vgl. oben S. 426. 
Prov. O., 88. 39. 101—104. 
v. Stengel, Organisation, S. 314 ff.: 
Bornback, St. R., II, S. 355 ff.: Grotc- 
fend, I, S. 717 ff. 
* Uber den hohenzollernschen Kommunalver- 
band führt der Minister des Innern direkt die 
Aufsicht. A. u. L. O. hobenz., §. 81. 
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