64 Zweiter Abschnitt. (F. 14.)
Unterschied zwischen Stadt- und Landgemeinden; ein Bedürfnis zu dieser Unterscheidung
trat jedoch mit Einführung der neuen Reformgesetzgebung in Hessen-Nassau ein; mit
Rücksicht auf die Bildung der Wahlverbände für die Kreistagswahlen und mit Rücksicht
auf die Frage nach der Anwendbarkeit der einzelnen Vorschriften des Zuständigkeits-
gesetzes mußte bestimmt werden, welche Gemeinden als Städte, welche als Landgemeinden
im Sinne dieser neuen preußischen Gesetze angesehen werden sollten. Demzufolge be-
stimmte die hessen-nassauische Kreisordnung v. 7. Juni 1885 (G. S., S. 193) in §. 22,
daß innerhalb des Regierungsbezirkes Wiesbaden, welcher die drei gedachten Rechtsgebiete
umschließt, außer der Stadt Frankfurt a. M. nur die oben unter b aufgezählten Ge-
meinden, in denen jetzt die wiesbadener Städteordnung gilt bezw. eingeführt werden kann,
als Städte gelten. Für diese hat aber mit dem Erlaß der wiesbadener Städteordnung,
die allmählich auf sie alle ausgedehnt werden soll, die ältere hessische Gesetzgebung erheb-
lich an Bedeutung verloren.: Und auch hinsichtlich der Landgemeinden wird sie dem-
nächst außer Kraft gesetzt werden, indem die Regierung den Erlaß einer einheitlichen
Landgemeindeordnung für diese Gebietsteile beabsichtigt, deren Entwurf zur Vorlage an
den Landtag bereits ausgearbeitet ist. Die zu erwartende Landgemeindeordnung wird
auch die frankfurter Dorfschaftsordnung und das bayerische Gemeindeedikt zu ersetzen
haben und so hoffentlich bald die durch nichts gerechtfertigte Buntscheckigkeit in den
hessen-nassauischen Gemeindeverhältnissen beseitigen.
Binnen kurzem werden die unter d bis h aufgezählten Gesetze nur mehr historische
Bedeutung haben. Aus diesem Grunde, sowie wegen ihrer rein lokalen Bedeutung und
im Interesse der Übersichtlichkeit der systematischen Darstellung können dieselben bei der
folgenden Schilderung der Gemeindeverhältnisse in Preußen außer Acht gelassen werden?;
nur das nassauische Gemeindegesetz, welches das größte räumliche Geltungsgebiet hat,
zur Zeit auch noch in einer Anzahl von Städten gilt, soll berücksichtigt werden.
7) In den Hohenzollernschen Landen gelten drei ältere Gemeindegesetze nebst
ihren Novellen, nämlich:
a) in Hohenzollern-Sigmaringen gemeinschaftlich für Stadt= und Landgemeinden
das Gesetz über die Verfassung und Verwaltung der Gemeinden v. 6. Juni 1840 (hohenz.=
sigm. G. S., S. 241), nebst dem Gesetz über das Gemeindebürger= und Beisitzerrecht
v. 5. Aug. 1837 (hohenz.-sigm. G. S., S. 539):;
b) für die Stadt Hechingen die Städteordnung v. 15. Jan. 1835 (Wochenbl. f. d.
Fürstentum Hohenz.-Hech.);
e) für die übrigen Gemeinden des Fürstentums Hohenzollern-Hechingen die Land-
gemeindeordnung v. 19. Okt. 1833 (ebd.).
Auch diese Gemeindegesetze haben ihrer lokalen Bedeutung halber kein allgemeines
Interesse und können eine eingehende Berücksichtigung bei der Darstellung des preußischen
Gemeinderechtes nicht beanspruchen. Wir können uns daher darauf beschränken, die
wichtigsten Vorschriften derselben in den Anmerkungen mitzuteilen, und zwar wird dies
vorzüglich in dem Abschnitt, welcher von der Städteverfassung handelt, erfolgen, da hier
die mit der Hohenzollernschen Gesetzgebung in vielen Punkten übereinstimmende, für
Stadt und Land geltende kurhessische und nassauische Gesetzgebung zur Darstellung
gelangt.
Als Städte im Sinne des Zuständigkeitsgesetzes sind von den hohenzollernschen
Gemeinden nur die Städte Sigmaringen und Hechingen anzusehen.“
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1 Von den Städten, in welchen z. Z. die! des vormals landgräfl. hess. Amtes Homburg
St. O. wiesb. noch nicht eingeführt ist, wirdogl. auch v. Rönne, Staatsrecht der Hreuß.
Biedenkopf nach großherzogl. hess. (e), die übrigen onarchie, II, 1 (3. Aufl., Leipzig 1871), S.608
werden nach nassauischem (1) Gemeinderechte —610; betr. der dayerischen Gesetzgebun vel.
verwaltet. die ersten drei Auflagen von Götze, Lehrb.
: Der Inhalt dieser Gemeindegesetze wird mit- bayer. Berfassungsrechts (München *m
geteilt von Strutz, S. 129 —140 und S. 205¼u. Seydel, Bayer. Staatsrecht, II, S. 6 ff.
—207. Betr. der Gemeindeverfassung in den Zust. G., §. 22, Abf. 4.
frankfurter Landdorfschaften und in dem Gebiete