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Da ein dem Reichsmarineamt entsprechendes Reichskriegs-
amt für die Verwaltung der Militärangelegenheiten nicht besteht,
so erfolgt auch die Bearbeitung der für das Reich einheitlich zu
regelnden Angelegenheiten durch das preußische) Kriegsmini-
sterium ?).
Auf die höchst verwickelte und bestrittene Frage der recht-
lichen Natur der vier Kriegsministerien®) (Preußens, Sachsens,
Württembergs und Bayerns) kann hier nicht eingegangen werden.
Werden sie auch in der Praxis?) als Landesbehörden be-
handelt, so ist doch bestritten, ob sie nicht zugleich auch Reichs-
behörden sind?)
Daß faktisch der preußische Kriegsminister als Gehilfe des
Reichskanzlers in Fragen der Reichsmilitärverwaltung fungiert,
kann man an seinem Auftreten im Reichstage erkennen, in dem
er in allen Militärangelegenheiten Rede und Antwort steht, Und
doch ist seine staatsrechtliche Stellung eine wesentlich andere
als die des Staatssekretärs des Reichsmarineamts. Er kann nicht
wie dieser auf Grund des Stellvertretungsgesetzes von 1878 zum
Stellvertreter des Reichskanzlers bestellt werden). Nur dieser
ı) Vgl. G. Meyer, Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechts, 3. Aufl, be-
arbeitet von Dochow, Leipzig 1910, S. 512, über die Reichsmilitärverwaltungsbefug-
nisse des preußischen Kriegsministers vgl. Meynen, Die staatsrechtliche Stellung des
preußischen Kriegsministers, Breslau 1910, S. 24f.
2) Ueber die Ausbildung einer Reichsmilitärverwaltung vgl. Triepel, Unitaris-
mus, S. 62.
3) Vgl. über die Steitfrage Laband, 4. Aufl, Bd. IV, S. 62f. und die daselbst
Zitierten, besonders die Denkschrift des Reichskanzlers (bei Laband und Störk,
Arch. f. öffentl. Recht, Freiburg 1889, Bd. IV, S. 150£.).
4) Vgl. Hänel, Deutsches Staatsrecht, Leipzig 1892, Teil I, S. 523f., und
Arndt, Das Staatsrecht des Deutschen Reichs, Berlin ıgo1, S. 483 f.
5) Deshalb wird man der Meinung des Fürsten Bismarck (im Reichstag 21. Fe-
bruar 1889, Stenogr. Ber. 1888/89, Bd. II, S. 1010) „der dem preußischen Landtag
und indirekt dem Reichskanzler und dem Reichstag verantwortliche Kriegsminister“,
soweit eine Verantwortlichkeit des preußischen Kriegsministers gegenüber dem Reichs-
wg behauptet wird, nicht beipflichten können. Denn eine solche Verantwortlichkeit
tragen außer dem Reichskanzler nur die auf Grund des Stellvertretungsgesetzes er-
nannten Stellvertreter des Reichskanzlers.
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