Full text: Die Reichsregierung.

— 19 — 
Da ein dem Reichsmarineamt entsprechendes Reichskriegs- 
amt für die Verwaltung der Militärangelegenheiten nicht besteht, 
so erfolgt auch die Bearbeitung der für das Reich einheitlich zu 
regelnden Angelegenheiten durch das preußische) Kriegsmini- 
sterium ?). 
Auf die höchst verwickelte und bestrittene Frage der recht- 
lichen Natur der vier Kriegsministerien®) (Preußens, Sachsens, 
Württembergs und Bayerns) kann hier nicht eingegangen werden. 
Werden sie auch in der Praxis?) als Landesbehörden be- 
handelt, so ist doch bestritten, ob sie nicht zugleich auch Reichs- 
behörden sind?) 
Daß faktisch der preußische Kriegsminister als Gehilfe des 
Reichskanzlers in Fragen der Reichsmilitärverwaltung fungiert, 
kann man an seinem Auftreten im Reichstage erkennen, in dem 
er in allen Militärangelegenheiten Rede und Antwort steht, Und 
doch ist seine staatsrechtliche Stellung eine wesentlich andere 
als die des Staatssekretärs des Reichsmarineamts. Er kann nicht 
wie dieser auf Grund des Stellvertretungsgesetzes von 1878 zum 
Stellvertreter des Reichskanzlers bestellt werden). Nur dieser 
ı) Vgl. G. Meyer, Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechts, 3. Aufl, be- 
arbeitet von Dochow, Leipzig 1910, S. 512, über die Reichsmilitärverwaltungsbefug- 
nisse des preußischen Kriegsministers vgl. Meynen, Die staatsrechtliche Stellung des 
preußischen Kriegsministers, Breslau 1910, S. 24f. 
2) Ueber die Ausbildung einer Reichsmilitärverwaltung vgl. Triepel, Unitaris- 
mus, S. 62. 
3) Vgl. über die Steitfrage Laband, 4. Aufl, Bd. IV, S. 62f. und die daselbst 
Zitierten, besonders die Denkschrift des Reichskanzlers (bei Laband und Störk, 
Arch. f. öffentl. Recht, Freiburg 1889, Bd. IV, S. 150£.). 
4) Vgl. Hänel, Deutsches Staatsrecht, Leipzig 1892, Teil I, S. 523f., und 
Arndt, Das Staatsrecht des Deutschen Reichs, Berlin ıgo1, S. 483 f. 
5) Deshalb wird man der Meinung des Fürsten Bismarck (im Reichstag 21. Fe- 
bruar 1889, Stenogr. Ber. 1888/89, Bd. II, S. 1010) „der dem preußischen Landtag 
und indirekt dem Reichskanzler und dem Reichstag verantwortliche Kriegsminister“, 
soweit eine Verantwortlichkeit des preußischen Kriegsministers gegenüber dem Reichs- 
wg behauptet wird, nicht beipflichten können. Denn eine solche Verantwortlichkeit 
tragen außer dem Reichskanzler nur die auf Grund des Stellvertretungsgesetzes er- 
nannten Stellvertreter des Reichskanzlers. 
2*
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.