1809
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3. An der geistigen und sittlichen Hebung des Volkes arbeiteten edle Männer,
um es für deutsche Art und Sitte zu begeistern und für die neuen großen Aufgaben
reif zu machen. In Berlin hielt der Philosoph Fichte seine berühmten „Reden
an die deutsche Nation"“. Während die Stadt von Franzosen besetzt war, schilderte
er seinen zahlreichen Zuhörern die Schande der Fremdherrschaft und die Vorzüge
des deutschen Wesens. Damit jeder einzelne im Volk seine Schuldigkeit tun könne,
forderte er die Verbesserung des Erziehungswesens. Hauptsächlich auf seine An-
regung hin wurden junge Männer nach der Schweiz geschickt, um bei dem großen
Schulmanne Pestalozzi zu lernen, wie die Jugend zu erziehen und zu lehren sei.
Schleiermacher predigte gegen Leichtsinn und Unglauben und verlangte wahre
Frömmigkeit, die sich auch durch Opfer für das Vaterland betätigen müsse. Ernst
Moritz Arndt, „der deutscheste Mann,“ wußte in den Herzen seiner Volksgenossen
glühende Vaterlandsliebe und grimmigen Haß gegen alles Welsche zu entzünden.
Ahnlich wirkten Körner und Schenkendorf durch ihre Dichtungen. Der Turn-
vater Jahn zog mit der Jugend in die Hasenheide und übte ihren Körper zum bevor-
stehenden Kampfe.
5. Deutsche Belden zur Zeit der Franzolenberrschaft.
1. Major von Schill. In ganz Deutschland ertrug man die Herrschaft Na-
poleons mit bitterem Ingrimm, und hie und da standen kühne Männer auf, die
es versuchten, die Ketten der Knechtschaft zu brechen. Zu ihnen gehörte der 36jährige
Major von Schill in Berlin. Mit einigen hundert Reitern verließ er im Früh-
jahr 1809 die Stadt, zog nach Halle und entwaffnete daselbst eine kleine westfälische
Besatzung. Dann wandte er sich nach Norden und setzte sich zuletzt in Stralsund
fest. Die Franzosen aber schlossen ihn hier ein, und bei der Erstürmung der Stadt
fiel er mit den meisten seiner Waffenbrüder unter den Säbeln deutscher Rhein-
bundstruppen. airne s Sltes muraen in Wesel und vierzehn Krieger
in Braunschweig erschossen, die übriggebliebenen aber auf die Galeeren gebracht.
(Ged.: Die Opfer zu Wesel, von W. Schmidt.)
Das Haupt Schills, das die Franzosen vom Rumpfe getrennt hatten, wurde
anfangs zu Leyden aufbewahrt. Seit 1837 ruht es in der gemeinsamen Gruft seiner
vierzehn erschossenen Reiter zu Braunschweig. (Ged.: Das Lied vom Schill, von
Arndt.)
2. Herzog Friedrich Wilhelm von Braunschweig. Auch dieser Held, dessen
väterliches Erbe seit 1806 in den Händen der Franzosen war, vollbrachte eine kühne
Tat, um ganz Deutschland gegen den Erbfeind zum Aufstand zu bewegen. Im
österreichischen Schlesien bildete er sich im Sommer 1809 eine berittene Freischar,
die wegen des schwarzen Waffenrockes und des Totenkopfes auf dem Tschako die
„Schwarze Legion der Rache“ genannt wurde. Mit dieser Schar, die etwa
2000 Mann zählte, zog der „Schwarze Herzog“" mit unglaublicher Kühnheit durch
Böhmen, Sachsen und das westfälische Königreich, erstürmte Halberstadt und er-
reichte glücklich seine Vaterstadt. Hier übernachtete er jedoch nicht im Schlosse,
sondern wie gewöhnlich mitten zwischen seinen Kriegern unter freiem Himmel und
auf Stroh. Nach einem Rasttage traf er mit einem französischen Korps zusammen,
mußte sich aber vor der fast dreifachen Übermacht der Feinde zurückziehen. Bald
darauf erreichte er die Mündung der Weser und schiffte sich mit seinen Getreuen