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zu den Waffen. Ein Bauer brachte ein Pferd und sagte: „Fünf haben mir die Fran-
zosen gestohlen, das sechste will ich ihnen nachschicken.“ Der Freiherr von Lützow
bildete zu Breslau eine Freischar, die sich aus den vornehmsten Jünglingen zu-
sammensetzte. Man nannte sie „die Schar der Rache". Ihre schwarze Uniform
Deurtete die Trauer um das geknechtete Vaterland an. Auch der Dichter Theodor
1813
Körner, der Sänger von „Lützows wilder, verwegener Jagd“, gehörte ihr an.
Wer kein Geld hatte, legte seine Schmucksachen auf den Altar des Vaterlandes. So
wurden 160000 goldene Trauringe eingesandt. Dafür erhielten die Geber eiserne
mit der Inschrift: „Gold gab ich für Eisen 1813."“
Ein junges, armes Mädchen, Ferdinande von Schmettau, ließ sich ihr schönes Haar ab-
schneiden und legte die 9 Mark, die sie dafür gelöst hatte, auf den Altar des Vaterlandes. Auch
die heldenmütige Eleonore Prohaska soll hier nicht vergessen sein, die in Männerkleidung unter
dem Namen August Renz unter die Lützowschen Jäger ging und ihr Herzblut für das Vater-
land opferte.
2. Groß-Görschen und Bautzen. 1813. Bald rückte Napoleon mit einer großen
Macht heran. In der weiten Ebene von Leipzig kam es bei Groß-Görschen (2. Mai)
zur Schlacht. Die Freiwilligen bestanden hier ruhmvoll die erste Feuerprobe. Die
Schlacht blieb unentschieden, aber die Russen beschlossen in der Nacht den Rückzug.
Leider wurde hier der edle Scharnhorst verwundet. Er starb einige Wochen später
zu Prag, wohin er sich hatte bringen lassen, um Osterreich zur Teilnahme an dem
Kampfe zu bewegen. (Ged.: Auf Scharnhorsts Tod, von Schenkendorf.) Noch
einmal rangen die beiden Heere bei Bautzen miteinander. Napoleon gewann ein
mit Leichen besätes Schlachtfeld, war aber mit seinem Siege nicht zufrieden. „Wie ?“
rief er entrüstet aus, „nach solcher Schlächterei keine Erfolge? Nicht einmal den Nagel
von einer Kanone lassen sich die Preußen nehmen!“
3. Waffenstillstand. Jetzt wurde ein sechswöchiger Waffenstillstand abgeschlossen.
Während desselben hatte Napoleon sein Hauptquartier in Dresden aufsgeschlagen.
Sachsen seufzte unter dem Drucke der hier lagernden französischen Armee. Napoleon
machte vergebliche Anstrengungen, Osterreich als Bundesgenossen zu gewinnen, es
trat, wie dies auch Schweden tat, dem Bunde gegen Napoleon bei. Nun wurden
drei große Armeen gebildet: 1. die Nordarmee unter dem Kronprinzen Bernadotte
von Schweden (einem ehemaligen General Napoleons), 2. die schlesische Armee
unter Blücher und 3. die Hauptarmee unter Schwarzenberg in Böhmen.
4. Blücher war bei Beginn der Freiheitskämpfe bereits 70 Jahre alt, doch
stand er noch in voller Manneskraft, „ein Jüngling im weißen Haar“. „Mich juckt's
in allen Fingern,“ schreibt er 1813, „den Säbel zu ergreifen. Wenn wir jetzt nicht
alles Schelmfranzosenzeug mitsamt dem Bonaparte vom deutschen Boden ver-
tilgen, so scheint mir kein deutscher Mann des deutschen Namens wert zu sein..
Darum, so sage ich: Marsch, auf und dem Feind in die Rippen!“
5. Groß-Beeren. Gleich nach Beendigung des Waffenstillstandes ging der
Kampf von neuem los. Ein französisches Heer marschierte gerade auf Berlin zu
und war nur noch 15 km davon entfernt. Der ängstliche Bernadotte wollte aus-
weichen; Bülow aber sagte: „Ich gehe nicht zurück; vor Berlin sollen unsere Knochen
bleichen.“ Bei Groß-Beeren kam es zur Schlacht. Der Regen hatte das Pulver
verdorben; die Gewehre gingen nicht los. Die Landwehrleute aber drehten die
Gewehre um und schlugen mit dem Kolben drein. „So flutscht et bäter!“ riefen
sie und schlugen den Feind in die Flucht. In Berlin war großer Jubel. Tausende