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Osterreich, das nur für sich sorgte und für deutsche Größe kein Verständnis zeigte,
aus Deutschland hinaus, Preußen an die Spitze. Als Gesandter in Petersburg
gelang es ihm, den Kaiser von Rußland für Preußen freundlich zu stimmen, und
als Gesandter in Paris lernte er Napoleon III. genau kennen. 1862 berief König
Wilhelm I. Bismarck nach Berlin zurück und übertrug ihm die Leitung seines
Ministeriums. Von nun an war er der erste Ratgeber des Königs, und sein Ver-
dienst ist es hauptsächlich, daß Preußen die erste Macht Deutschlands geworden ist.
(1866.) Ihm haben wir es ferner zu danken, daß (1871) Deutschland sich einte und
in Wilhelm seinen ersten Kaiser erhielt. Er hat dann als Reichskanzler die Ge-
schicke Deutschlands bis 1890 gelenkt. In diesem Jahre wurde er von Kaiser Wil-
helm II. aus seinem Amte entlassen, und seitdem lebte er bis zu seinem Tode auf
seiner Besitzung in Friedrichsruh, hochverehrt vom deutschen Volke. Er starb 1898,
83 Jahre alt.
2. Graf Moltke wurde im Jahre 1800 in Parchim in Mecklenburg geboren.
Er trat zuerst als Offizier in die dänische Armee ein, verließ diese aber nach drei
Jahren wieder und wurde preußischer Offizier. Durch Fleiß und Tüchtigkeit ge-
langte er nach und nach auf den höchsten militärischen Posten: er wurde Chef (Vor-
steher) des Generalstabes. In dieser Stellung hat er die Kriegspläne für die Feld-
züge von 1866 und 1870 ausgearbeitet und darin so viel Geschick bewiesen, daß er
für den größten „Schlachtendenker“ der ganzen Welt galt. Als nach der Schlacht
bei Sedan sein Neffe ihm mit Entzücken zurief: „Aber Onkel, das hast du wirklich
gut gemacht,“ entgegnete er in seiner bescheidenen Weise: „Ja, es war ziemlich gut
abgepaßt.“ An Siegen und an Ehren reich, kehrte er mit seinem Kaiser nach Deutsch-
land zurück. Dieser ernannte ihn zum Generalfeldmarschall und überhäufte ihn
mit Ehren und Geschenken.
Trotz aller Ehren aber blieb Moltke ein sehr bescheidener Mann. Von seinen
Taten hörte er nicht gern reden. Er selbst sprach auch wenig, weshalb man ihn wohl
den „großen Schweiger“ genannt hat. Im Winter wohnte er in Berlin, im Sommer
auf seinem Gute Kreisau bei Schweidnitz. In seinem Park sah man ihn oft, ein-
fach wie einen Gärtner gekleidet, mit der Baumsäge und Baumschere Zweige ab-
sägen und Bäume beschneiden. 1891 entschlief er — sanft und ohne jede Krankheit
— in Berlin. Sein Begräbnis war fürstlich. Selbst der Kaiser folgte seinem Sarge
bis zum Bahnhofe. Die Leiche wurde in Kreisau beigesetzt.
2. Kailer Frieckrich III. („O. Därz bis 15. Juni 1888.)
1. Jugend und Person. Friedrich III., Kaiser Wilhelms einziger Sohn, wurde
am 18. Oktober 1831 geboren. Als Prinz hieß er Friedrich Wilhelm. Frühzeitig
begannen für ihn die militärischen Ubungen, denen er sich mit Lust und Eifer hin-
gab. In seinem 18. Jahre bezog er die Universität Bonn und studierte dort Rechts-
wissenschaft. Nach Beendigung der Studien widmete er sich wieder dem Militär-
dienst. — Sein Außeres verriet sofort den Hohenzollern. Er war von hoher, kräftiger
Gestalt; ein mächtiger Vollbart umrahmte sein edles, frisches Gesicht. Für alles
Große und Schöne war er begeistert, und die Kunst fand in ihm einen eifrigen
Förderer.
2. Bermählung. Im Jahre 1858 vermählte sich der Prinz mit der Prinzessin
Viktoria von England. Von den 8 Kindern, die dem erlauchten Paare geboren