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wurden, sind noch sechs am Leben, unter ihnen Wilhelm (unser jetziger Kaiser) und
Prinz Heinrich. Im Kreise seiner Familie fühlte sich Friedrich am wohlsten. Mit
seinen Kindern spielte er in der herzlichsten Weise.
3. Im Felde. In den Kriegen gegen
Osterreich und Frankreich errang der damalige
Kronprinz mit seiner Armee Sieg auf Sieg.
Er war 1870 Führer der III. Armee, die meist
aus Süddeutschen bestand. Damals hat er
durch den Zauber seiner Persönlichkeit viel
dazu beigetragen, daß Nord und Süd sich
einten. Sein Wahlspruch war: „Furchtlos
und beharrlich!“ Die Soldaten hingen mit
Liebe und Verehrung an ihm. Hatte er doch
für jeden ein freundliches Wort, wenn er mit
der Soldatenmütze, die kurze Pfeife im Munde,
durch die Reihen seiner Krieger dahinschritt.
Und wie glänzten die Augen der Verwun-
deten vor Freude, wenn der Kronprinz ihnen
freundlich die Hand reichte, sich nach ihren
Wunden erkundigte und ihnen tröstende Worte
sagte! Sie waren stolz auf ihren „Fritz“, und
er hielt es für eine Ehre, so brabe Truppen zu
kommandieren. Nach Jahren noch erkannte der
Kronprinz Soldaten wieder, mit denen er im
Felde persönlich in Berührung gekommen war.
4. Erkrankung. Von jeher war Friedrich
der Liebling des deutschen Volkes. Sein
freundliches, offenes Wesen gewann ihm aller
Herzen, und mit Freude und Stolz ruhte das
Auge jedes Deutschen auf dem edlen Fürsten-
sohne. Doch zu Anfang des Jahres 1887 stellte
sich ein Halsleiden bei ihm ein, das sich be-
sonders in andauernder Heiserkeit äußerte.
Infolgedessen begab er sich nach dem Süden
und suchte Heilung in der milden Luft Italiens.
Aber die Geschwulst im Halse nahm leider
derartig zu, daß der Luftröhrenschnitt vor-
Kronprinz Friedrich Wilhelm genommen und eine silberne Röhre zum Atmen
im Feldzuge von 1870. eingesetzt werden mußte. Wie der Kronprinz
Gemalt von A. von Werner. sich als ein Held auf dem Schlachtfelde gezeigt
min Senehmiguns der Lontograpöischen Ge. haatte, so war er auch ein Held auf dem Kran-
kenbette. Seine Ärzte wußten nicht genug
seine Geduld und Ausdauer zu rühmen. Nie klagte er; aber stets schaute er
gläubigen Herzens hoffnungsvoll zu dem Helfer in aller Not empor.
5. Thronbesteigung. Als der Kronprinz am Morgen des 9. März im Garten
bei seiner Wohnung spazieren ging, überreichte ihm ein Diener eine Depesche mit