Full text: Sächsisches Realienbuch enthaltend Geschichte, Erdkunde, Naturgeschichte, Physik, Chemie und Mineralogie

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zu werden, und entließ ihn mit den Worten: „Nun gehe hin und tue deine Pflicht!“ 
Der Prinz folgte treulich diesen Worten und versah pünktlich und gewissenhäft seinen 
Dienst. An seine Untergebenen stellte er hohe Anforderungen, aber er bekümmerte 
sich auch um ihr Wohl und Wehe. Darun hatten ihn seine Soldaten gern. Um den 
Reiterdienst kennen zu lernen, trat er später bei den Gardehusaren ein, deren Oberst 
er wurde. Kaiser Wilhelm hatte an dem schneidigen Reiterführer seine helle Freude. 
2. Regierungsantritt. Am 15. Juni 1888, dem Todestage seines edlen Vaters, 
bestieg der Kronprinz Wilhelm den deutschen Kaiserthron. Wie sehr ihm des Volkes 
Wohl am Herzen liegt, davon zeugt sein Erlaß „An mein Volk“, worin er sagt: 
„Auf den Thron Meiner Väter berufen, habe Ich die Regierung im Aufblicke zu dem 
Könige aller Könige übernommen und Gott gelobt, nach dem Beispiele Meiner Väter Meinem 
Volke ein gerechter und milder Fürst zu sein, Frömmigkeit und Gottesfurcht zu pflegen, den 
Frieden zu schirmen, die Wohlfahrt des Landes zu fördern, den Armen und Bedrängten ein 
Helfer, dem Rechte ein treuer Wächter zu sein.“ 
3. Sorge für Erhaltung des Friedens. Der Keiser hat sich die Erhaltung 
des Friedens in Europa zum Ziel gesetzt. Deshalb stattete er bald nach seiner Thron- 
besteigung den mächtigsten Herrschern Europas einen Besuch ab. Uberall wurden 
neue Freundschaftsbande geknüpft. Auch der Dreibund, den Deutschland, Oster- 
reich und Italien erneuerten, soll ein Hort des Friedens sein. Fremden Nationen 
hat der Kaiser manche ritterliche Aufmerksamkeit erwiesen und ihnen oft in Not hoch- 
herzig seine Hilfe dargeboten, so daß auch das Ausland ihm Achtung und Anerkennung 
zollt. Er weiß aber, daß wir am besten gesichert sind, wenn unser Schwert scharf ist. 
4. Heer und Flotte. Der Kaiser hat unser bewährtes Kriegsheer auf seiner 
Höhe erhalten. Im Jahre 1893 wurde für die Infanterie und Fußartillerie die 
zweijährige Dienstzeit eingeführt und gleichzeitig die Friedensstärke des Heeres auf 
557000 Mann erhöht. Die Erfahrungen, die auf fremden Kriegsschauplätzen ge- 
macht sind, neue Erfindungen, wie das rauchlose Pulber, die drahtlose Telegraphie, 
Verbesserungen an den Waffen, führten zu einer Anderung der Felddienstordnung. 
Fahrrad und Kraftwagen, Luftschiff und Flugmaschine wurden in den Dienst des 
Heeres gestellt. Alle diese Dinge verfolgt der Kaiser mit aufmerksamem Auge. 
— Kein Hohenzoller vor ihm hat so wie unser Kaiser dem Seewesen seine ganze 
Teilnahme gewidmet; die Vorfahren mußten ja ihrem Lande erst eine Machtstellung 
schaffen, ehe der Adler den Flug über das Weltmeer wagen konnte. Mit Eifer hat 
der Kaiser das Schiffswesen bis in seine Einzelheiten studiert und durch seine feurige 
Rede überall das Verständnis für die Flotte geweckt. Zu den Mitgliedern des 
Reichstages sprach er: „Aus Deutschland ist ein Weltreich geworden. Uberall in fernen 
Teilen der Erde wohnen Tausende unserer Landsleute. Deutsche Güter, deutsches 
Wissen, deutsche Betriebsamkeit gehen über den Ozean. An Sie tritt die Pflicht, 
mir zu helfen, dieses größere Deutsche Reich auch fest an unser heimisches zu gliedern.“ 
„Unsere Zukunft liegt auf dem Wasser.“ Solchen mahnenden Worten hat der Er- 
folg nicht gefehlt. Das Flottengesetz von 1900 bestimmte eine planmäßige Ver- 
mehrung unserer Kriegsflotte. An die Spitze der gesamten Schlachtflotte hat der 
Kaiser seinen Bruder, den Prinzen Heinrich, gestellt. Früher konnten in Deutsch- 
land selbst nur kleine Schiffe gebaut werden, die großen wurden in England und 
Frankreich gekauft. Jetzt haben uns unsere großen Werften völlig unabhängig 
vom Ausland gemacht. Sie bauen die größten Handelsdampfer und die gewaltigen
	        
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