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Kriegsschiffe. 1895 übergab Kaiser Wilhelm den für die Küstenverteidigung und
den Handel wichtigen Nord-Ostsee-Kanal dem Verkehr und nannte ihn zum An-
denken an seinen Großvater Kaiser-Wilhelm-Kanal.
5. Erwerbungen. Im Jahre 1890 tauschte Kaiser Wilhelm von den Eng-
ländern die alte deutsche Insel Helgoland gegen einige Gebiete in Afrika ein. Sie
ist für die Marine ein wichtiger Stützpunkt in der Nordsee. Im Jahre 1897 gelung
es, die Chinesen dafür zu gewinnen, daß sie die Bucht von Kiautschon mit einem
dazu gehörigen Landgebiete an Deutschland auf 99 Jahre verpachteten. Dazu
erhielt Deutschland einen Stützpunkt in den ostasiatischen Gewässern, der es ihm
erleichtert, die deutschen Missionare in China und die deutschen Kaufleute in den
ostasiatischen Häfen zu schützen. Einige Zeit später erwarb Deutschland auch die
Marianen, die Palauinseln, die Karolinen und die Samoainseln mit
Ausnahme der kleinsten.
6. Kämpfe in China und Afrika. Der Haß der Chinesen gegen die Fremden
verursachte im Jahre 1900 einen Aufstand. Die Aufständischen, von den Engländern
Boxer genannt, ermordeten die Ausländer und die einheimischen Christen. In
Peking erschoß ein Soldat sogar den deutschen Gesandten. Auf die Kunde von
diesen Greueln schickten die Großmächte Truppen nach China, die den Aufstand
niederwarfen. Die Chinesen mußten die Schuldigen bestrafen und den beteiligten
Mächten Kriegskosten zahlen. Ein chinesischer Prinz kam nach Berlin und sprach
dem Kaiser das Bedauern seiner Regierung über den Bruch des Völkerrechtes aus.
— Auch in den deutschen Schutzgebieten Afrikas war mancher Aufstand der Ein-
geborenen niederzuwerfen. Die meisten Schwierigkeiten machte in letzter Zeit
Südwestafrika. Hier erhoben sich 1904 zuerst die Herero. Ihnen schlossen sich mit
einer förmlichen Kriegserklärung die Hottentotten unter ihrem Führer Hendrik
Witboy an. Die grausamen Morde an Missionaren und Ansiedlern forderten eine
strenge Bestrafung. Unsre Freiwilligen haben schwere Gefechte gegen den gut
bewaffneten, landeskundigen, grausamen Feind bestanden und mit Hunger, Durst
und Krankheiten in dem wilden, wasserarmen Lande heldenmütig gekämpft. Wie
in China, so haben sich auch hier die deutschen Waffen mit Ruhm bedeckt.
7. Als Landesvater. Des Kaisers Wahlspruch ist: „Allweg gut Zolre!“ Und
er ist ein echter Hohenzoller. Sein Volk glücklich zu machen, ist sein Ziel. Er be-
müht sich besonders, die Lage der wenig bemittelten Volksschichten zu verbessern.
Darum hat er die von seinem Großvater für den Arbeiterstand begonnene Gesetz-
gebung fortgesetzt. Das Alters= und Invalidenversicherungsgesetz sichert den
Arbeitern eine regelmäßige Unterstützung (Rente), wenn sie erwerbsunfähig werden
oder ein Alter von 70 Jahren erreicht haben. Gewerbegerichte sind eingeführt,
um Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitern zu schlichten. Die Ar-
beiterschutzgesetze sorgen für gesunde Arbeitsräume und besondere Schutzvor-
richtungen bei gefährlichen Arbeiten. Das Kinderschutzgesetz bewahrt die Kinder
vor zu langer und ungesunder Arbeit in gewerblichen Betrieben. Die Gesetze über
die Sonntagsruhe und den Neunuhr-Ladenschluß wollen Arbeitern und
Angestellten die nötige Zeit für Ruhe und Erholung verschaffen. Um die kleineren
Einkommen zu entlasten und die Steuer gerechter zu verteilen, wurde in Preußen
die steigende Einkommensteuer auf Grund der Selbsteinschätzung ein-
geführt. Je größer ein Einkommen ist, desto stärker wird es besteuert. Ein Ver-
Veschichte für sächsische Schulen. 10