Full text: Sächsisches Realienbuch enthaltend Geschichte, Erdkunde, Naturgeschichte, Physik, Chemie und Mineralogie

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und das benachbarte Buchholz sind jetzt der Mittelpunkt der Posamenten- 
fabrikation. Unter Posamenten versteht man allerlei Dinge zur Verzierung 
von Kleidern, wie Fransen, Quasten, Schnüre, Knöpfe uspv. Das Tamburieren, 
d. h. das Sticken auf Tüllstoff mit der Häkelnadel, hat in Eibenstock seinen 
Hauptsitz. Doch wird auch hierbei die Handarbeit durch die Maschinenarbeit ver- 
drängt. Schneeberg ist Mittelpunkt der erzgebirgischen Spitzenstickerei. 
In Schönheide an der Zwickauer Mulde fertigt man Bürsten und Pinsel, 
in Johanngeorgenstadt Glacêéhandschuhe. Freiberg treibt bedeutende 
Gerberei. Darum ist hier die deutsche Gerberschule errichtet worden. Das ganz 
im Osten gelegene Städtchen Glashütte ist Herstellungsort der weltberühmten 
Glashütter Uhren. Hier befindet sich auch eine Uhrmacherschule. 
Sind hier auch nur die hauptsächlichsten Industrien erwähnt, so erkennt man doch 
schon hieraus, wie vielseitig die gewerbliche Beschäftigung der Erzgebirgsbewohner ist. 
10. Verkehr. Alle diese Erzeugnisse müssen natürlich vertrieben werden, 
und so ist ein lebhafter Handel entstanden. Der Handelsmittelpunkt ist Annaberg 
(17000 Einw.). Dem Handel dienen die Straßen und Eisenbahnen des Ge- 
birges. Die Straßen ziehen sich auf den Gebirgsrücken zwischen den Flußtälern 
hinauf, da sie in den schmalen Tälern nicht Platz fanden und auch zuviel Bie- 
gungen machen mußten. In vielen Windungen steigen sie dann den steilen Ab- 
hang nach Böhmen hinab. 16 Straßen überschreiten heute das Gebirge, die 
höchste zwischen Fichtel-- und Keilberg in einer Höhe von über 1000 m. Die 
Eisenbahnen hat man in den Flußtälern angelegt. Hier finden sie den allmäh- 
lichen Weg zur Höhe. Die Biegungen des Flusses vermeiden sie durch Tunnel 
und Brücken. 4 Eisenbahnlinien überschreiten das Gebirge, davon die Bahn 
Johanngeorgenstadt-Karlsbad in mehr als 900 m Höhe, 7 gehen auf sächsischer 
Seite bis an den Kamm heran, und eine Reihe anderer verbindet die erz- 
gebirgischen Orte untereinander. Sie alle stehen in Verbindung mit der großen 
Querlinie Dresden-Chemnitz-Zwickau. 
Eine eigenartige Erscheinung sind die erzgebirgischen Hausierer und Hau- 
siererinnen, die die Waren in einem Tragkasten oder Tragkorb in die Städte und 
Dörfer des niederen Landes tragen und dort, von Haus zu Haus gehend, ver- 
kaufen, die aber auch mit allerlei andern Dingen handeln, z. B. mit russischen 
Gänsen, die sie von Ort zu Ort treiben. 
5. Das vogtland. 
1. Lage. Die südwestliche Ecke unseres Vaterlandes bildet das Vogtland. 
Es wurde im Mittelalter von kaiserlichen Vögten verwaltet, daher sein Name. 
Die Flüsse Zwota und Göltzsch bezeichnen seine nordöstliche Grenze, doch rechnet 
man auch die Stadt Reichenbach noch dazu. Die übrigen Grenzen des sächsi- 
schen Vogtlandes sind zugleich die Landesgrenzen. 
2. Bodengestalt und Bewälserung. Im Süden liegt das Elster- 
gebirge. Es erscheint als eine Fortsetzung des Erzgebirges, ist aber niedriger 
und nach Süden zu weniger steil. Seine höchste Erhebung auf sächsischer Seite 
ist der Kapellenberg (760 m), der im südlichsten Zipfel Sachsens liegt. Nach 
Norden zu schließt sich ein Hügelland an, das in bunter Abwechslung Bergrücken, 
Kuppen und Täler zeigt und ohne eigentliche Kammlinie ist. Die Haupttäler
	        
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