Full text: Sächsisches Realienbuch enthaltend Geschichte, Erdkunde, Naturgeschichte, Physik, Chemie und Mineralogie

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aufwärts. Nachdem wir eine Strecke zurückgelegt haben, hört der Kanal plötzlich 
auf. Das Land macht hier eine bedeutende Steigung, die wir samt dem Schiffe 
auf einem breiten Eisenbahnwagen hinauffahren. Dieser Wagen stand nämlich 
am Ende des Kanals so tief unter Wasser, daß das Schiff auf ihn hinauffahren 
konnte. Nachdem dieses geschehen war, wurde der Wagen durch ein Drahtseil 
nach oben gezogen. Etwa in der Mitte des Weges begegnet uns ein zweiter 
Wagen, der, ebenfalls mit einem Schiffe beladen, nach unten fährt. Oben am 
Ende dieses Landwegs steht nämlich ein großes Wasserrad, um dessen Welle das 
Drahtseil geht. An jedem Ende des Seiles sitzt ein Schiffswagen. Oben ange- 
langt, fährt der Wagen mit dem Schiffe so weit in den hier wieder beginnenden 
Kanal hinein, bis das Schiff wieder flott wird. 
2. Das Mleichseltal. Als mächtiger Strom, der schon einen Weg von über 
800 km zurückgelegt hat, durchbricht die Weichsel kurz nach ihrem Eintritt in 
unser Vaterland den Nördlichen Landrücken. Zu beiden Seiten der Weichsel 
breitet sich ein 8—15 km breites Tal aus. Der aus Schwemmland bestehende 
Boden ist äußerst fruchtbar. 
An der Weichsel liegen die bedeutendsten Städte der Provinz Westpreußen. Sie sind 
aber, um vor Überschwemmungen gesichert zu sein, nicht dicht am Ufer der Weichsel erbaut, 
sondern meist auf dem östlichen Höhenrande des Landrückens. Die erste Stadt, die die 
Weichsel in Westpreußen berührt, ist die Festung Chorn, Hauptort des fruchtbaren Kulmer- 
landes. Neben dem Rathause dieser Stadt steht seit 1853 ein Denkmal des Astronomen 
Kopernikus. Weiter stromabwärts liegt Grauclenz (40 T.). Auf dem Paradeplatze daselbst 
ist ihrem tapferen Kommandanten Courbiere ein Denkmal errichtet. Von Graudenz ge- 
langen wir nach Marienwerder und weiter, dem Laufe der Nogat folgend, nach Marien-- 
burg. Das prachtvolle Schloß daselbst, das herrlichste weltliche Bauwerk aus dem Mittel- 
alter, war einst der Sitz der Deutschritter. 
Südlich von Marienburg teilt sich die Weichsel in zwei Arme, zwischen 
ihnen liegt das Weichseldelta. Dieses 1500 qkm große Dreieck war früher 
ein Meerbusen, der durch die von der Weichsel abgelagerten Schlammassen aus- 
gefüllt wurde. Nach dem Frischen Haff zu wächst das Delta heute noch jährlich 
um 50 m. Der Boden im Delta ist ungemein fruchtbar; er entschädigt 
den Bewohner für die vielen Auslagen, die der Bau der Dämme verursacht. 
Bei der Schneeschmelze im Frühlinge schwillt der Strom gewaltig an. Daher 
sind längs der Flußarme zu beiden Seiten 7—8 m hohe Dämme errichtet, die 
das Land gegen die Hochflut des Frühjahrs schützen. Nicht selten aber geschieht 
es, daß die Weichsel in ihrem südlichen Laufe bereits aufgetaut ist, während sie 
weiter nach Norden hin noch von dickem Eise bedeckt wird. Dann schieben sich 
die Eisschollen über- und untereinander und verstopfen zuweilen den ganzen Fluß- 
lauf. Das Wasser staut sich daher und überflutet oder durchbricht die Dämme. 
Um die Gefahr zu beseitigen, hat man mit großen Kosten noch eine direkte 
Weichselmündung geschaffen. — Die Bewohner der Weichselniederung sind vielfach 
Nachkommen friesischer oder holländischer Ansiedler. Nach holländischer Art haben 
sie viele Kanäle und Wasserschöpfmühlen angelegt. 
Städckte. Südöstlich von der Nogatmündung liegt Sleing (60 T.), die zweitgrößte 
Stadt der Provinz Westpreußen, an der Danziger Weichsel Danzig (170 T.), die Haupt- 
stadt der Provinz, wegen seiner schönen Lage am Wasser und am Fuße der Höhenplatte 
auch wohl das „nordische Neapel“ genannt. Durch befestigte Berghöhen ist die Stadt 
zu einer Festung ersten Ranges geworden. Auch ist sie die zweitgrößte Seehandelsstadt
	        
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