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Streifen von der Grenze Hollands bis zur Elbmündung. An den Mündungs-
gebieten der Ems, Weser und Elbe liegen die Flußmarschen, an der Meeres-
küste die Seemarschen. Die Marschen sind da entstanden, wo das Wasser die
Sinkstoffe, die es mit sich führte, absetzen mußte. Wenn die Flut in die Mün-
dung der Ströme eindringt, so hemmt sie die Bewegung des Flußwassers, so daß
dieses seine Sinkstoffe fallen läßt. Sobald der so abgesetzte, schlickartige Boden
so hoch ist, daß ihn die gewöhnliche Flut nicht mehr erreicht, schützt man ihn
durch einen Damm oder Deich gegen die Flut. Die eingedeichten Stücke werden
Polder oder Köge genannt. — Die Meeresmarschen sind vom Meere hinter dem
jetzt in Inseln zerstückelten ehemaligen Dünenzuge aufgeschlickt worden.
Hohe und breite Dämme (Deiche) schützen das niedrig gelegene Marschland
gegen die Flut (Abb. S. 3). Die von der höher gelegenen Geest kommenden Bäch-
lein und Flüsse, sowie die Regen= und Schneemassen würden im Lauf der Jahre
das niedrige Marschland in ein ödes Sumpfgebiet verwandeln, wenn man nicht in
die Deiche Durchlässe „die Schleusen" gebrochen hätte. Mächtige (10 m hohe)h,
aus Eichenbohlen bestehende Torflügel, die sich durch den Druck der hinter ihnen
angesammelten Wassermengen zur Zeit der Ebbe nach dem Meere öffnen und
von der kommenden Flut von selbst geschlossen werden, bilden den Verschluß.
Der dicke, fette Schlammboden der Marsch ist von einer schier unerschöpf-
lichen Fruchtbarkeit. Roggen und Weizen bringt sechzigfältige Frucht. Die
saftstrotzenden Weiden, durch Gräben abgetrennt, begünstigen die Viehzucht. Auf
den Emsmarschen Ostfrieslands weiden über 100000 schwere bunte Kühe; hier
und namentlich auf den oldenburgischen und Elbmarschen tummeln sich feurige,
vielbegehrte Pferde. Die fruchtbaren Elbmarschen, besonders das Alte Land,
sind das nördlichste Obstland Europas.
Die durch den Kampf mit dem Meer an Ausdauer und Geduld, an ein
Handeln ohne viel Worte gewöhnten Marschbewohner erfreuen sich eines gediegenen
Wohlstandes. Die stattlichen Wohnungen liegen auf den Meermarschen am Rande
der Geest, in den Flußmarschen auf kleinen Erhöhungen, den Wurten.
Auf der größten aller Wurten erhebt sich am Endpunkt des Dortmund-Ems-Kanals
und des Ems-Jade-Kanals das Handel und Schiffahrt treibende Smclen (24 T.), südlich
davon liegt Leer. An einer Verengerung des Jadebusens, rings von Oldenburger Gebiet
umschlossen, ist in der Nähe des 2. Kriegshafens der deutschen Flotte die Stadt Uilbelms--
baven entstanden. Zu beiden Seiten des Weserstroms liegt die freie Reichsstadt Bremen
(246 T.), nächst Hamburg die größte Seehandelsstadt Deutschlands. Früher konnten die
größeren Seeschiffe nur bis zu dem Vorhafen Bremerhaven, der mit Geestemünde gleich-
sam einen einzigen Hafen bildet, gelangen. Seitdem aber das Fahrwasser der Weser
vertieft worden ist, nimmt der Schiffsverkehr von Jahr zu Jahr bedeutend zu. Für
Tabak ist Bremen der erste Handelsplatz der Erde. Daneben werden aber auch große
Mengen von Petroleum und Baumwolle aus Amerika eingeführt. — Vor dem prächtigen
Rathause in Bremen erblickt man eine große steinerne Rolandsäule. In den Räumen des
berühmten Ratskellers lagert in der „Rose“, einer Abteilung des Kellers, der älteste
Rheinwein, den man hat. Das älteste Faß stammt von 1624.
2. Beicle (Geest) und MDoore. An den fruchtbaren Marschstreifen der Küste
und Flußmündungen lehnen sich öde Heide= und sumpfige Moorgegenden.
Die Sandflächen der Heide bedeckt auf weite Strecken das genügsame Heidekraut,
der düstere Wacholder, das Gestrüpp der Stechpalmen und nach der Elbe zu
der gelbblühende Ginster. Hin und wieder findet man in der Geest auch frucht-