– 27 — —
hinauf. Zu beiden Seiten begleiten uns Fichten und riesige Felsblöcke. Hier
und da taucht eine menschliche Wohnung auf, von rußigen Gestalten bewohnt: es
ist eine Köhlerhütte. Dicht dabei dampft der Meiler. Je höher wir kommen, desto
feuchter und kälter wird die Luft. An die Stelle der schlanken Fichten treten daher
krüppelhafte, mit langen Flechten besetzte Bäumchen, deren Gezweig infolge der starken
Weststürme vorzugsweise nach Osten gerichtet ist. Auf dem Gipfel bedecken nur
Moos, Gras, niederes Gesträuch, Heidekraut und die Brockenanemone, Hexenbesen
genannt, den moorigen Boden. Ein Gasthaus ladet zur Einkehr ein; vor dem Hause
steht ein Aussichtsturm. Aber nicht allzuoft läßt der Brocken den Harzwanderer
seine schöne Fernsicht auf 90 Städte und 100 Dörfer genießen. Er ist ein gar
launischer Gesell, der auch im Sommer am liebsten die „Nachtmütze“ aufsetzt und
„braut“, wie der Volksmund sagt, wenn der „Alte“ sich plötzlich in seinen dichten
Wolkenmantel hüllt. Ringsum auf der Brockenspitze liegen eine Menge Felsen
von mancherlei Gestalt und Namen umher. Da gibt es einen Hexenaltar, eine
Teufelskanzel, ein Hexenwaschbecken, einen Hexenbrunnen usw.
Die Bodenschätze: Eisen, Blei, Kupfer, Silber und der Tal und Hänge
überziehende Wald sind die Haupterwerbsquelle der Bewohner. Den größten Teil
seines Holzreichtums verzehrt der Harz selber. (Grubenholz, Holzkohle, Säge-
werke, Papiermühlen.) In den sieben Bergstädten Clausthal, Zellerfeld, Andreas-
berg, Altenau, Lautenthal, Grund und Wildemann wohnen viele Bergleute.
Der Fremdenstrom, der sich jährlich in den Harz ergießt, bietet dem Be-
wohner Ersatz für den Rückgang des Bergbaues. In dem zur Provinz Sachsen
gehörenden Mansfelder Hügelland wird ½ des Kupfers von Deutschland ge-
wonnen.
Der Harz, ein regen= und guellenreiches Gebirge. Die jährliche Regen-
menge des Harzes (200 Regentage) würde aufgestaut den Boden etwa 1,70
Meter hoch bedecken. Da brauchen wir uns nicht zu wundern, daß so zahlreiche
Bächlein und Flüsse zur Ebene herabeilen. Durch die Schönheit und Wildheit
ihres Tales ist die Bode berühmt. Vom Brocken kommend, bahnt sie sich in tollem
Lauf ihren Weg durch Granitspalten, sägt ihr Bett tief ein in die höhlenreichen Kalk-
felsen des Unterharzes und fließt vor ihrem Eintritt in die Ebene bei dem Flecken
Thale bei Quedlinburg durch eine vielbesuchte, enge, düstere Schlucht, aus der
schroff und steil zwei gewaltige Felsen sich erheben, die Roßtrappe und der
Hexentanzplatz. Während die Bode in östlicher Richtung ihre Gewässer der
Saale und damit der Elbe zuführt, eilt die Oker, die die liebliche „Prinzessin
Ilse“ und andere Harzbächlein aufnimmt, in nördlicher Richtung durch Braun-
schweig und Hannover zur Aller.
Einwirkung der Gebirge auf die Biederschläge. Im Gebirge regnet und schneit
es viel häufiger als in der Ebene. Im norddeutschen Tieflande z. B. erreicht die jähr-
liche Regenmenge nur eine Höhe von 70 cm, in den Alpen stellenweise 2 m, an der West-
küste von Nordengland sogar 3½ m. Sobald nämlich die Luft über das Gebirge zieht
und zu steigen gezwungen ist, kühlt sie sich ab und läßt ihren Wassergehalt als Regen,
Schnee usw. niederfallen. Infolge dieses reichen Niederschlags sind die Gebirge auch die
Geburtsstätten der fließenden Gewässer. Hierbei leistet der Wald bedeutende Dienste. Unter
seinem kühlen Laubdache, sowie unter seiner dichten Moos= und Pflanzendecke bleibt das
Wasser lange Zeit vor Verdunstung geschützt. Aus dem in die Erde gesickerten Wasser
bilden sich dann zahlreiche Quellen, die nach allen Seiten hin ins Land hinabeilen. Durch