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Im Tieflande von Bengalen vereinigt sich der Ganges mit dem Brah-
maputra. Beide Flüsse bilden nun ein Delta, wie die Erde kein zweites auf-
zuweisen hat. Durch die Schlammablagerungen der zahlreichen Mündungsarme
vergrößert sich das Delta von Jahr zu Jahr. Auf den weichen Schlamminseln
finden sich Dickichte von Bambusrohr, Schilf u. a. Sumpfgewächsen. Sie
werden Dschungeln genannt. Hier beschleicht der blutgierige Tiger den
grasenden Büffel, im Wasser lauert das gefräßige Krokodil, und im Schlamme
wälzen sich zahllose gistige Schlangen. Die meisten Mündungsarme im Delta
sind verschlammt. An einem der schiffbaren Arme liegt Kalkutta (mit Vorstädten
1,3 M.), die ehemalige Hauptstadt und bedeutendste Stadt Indiens. Jetzt ist
Dehli in Nordindien, das Rom Indiens, die Hauptstadt.
3. Klima und Bodenerzeugnilse. Die Tiefebene hat schon ihrer süd-
lichen Lage wegen ein heißes Klima und ist durch einen mächtigen Gebirgswall
gegen die kälteren Nordwinde geschützt. Infolge häufiger Regen jedoch ist die
Luft meistens sehr feucht, so daß die Hitze nie so drückend wird wie z. B. in
Arabien. Die Regenzeit dauert vom Mai bis zum November. Der Regen
wird durch einen feuchtwarmen Wind (Monsun) vom Indischen Ozean herbei-
geführt. Im März und April wird es nämlich furchtbar heiß. Die Luft
erglüht wie ein Ofen. Auf dem Hochlande Hinterasiens verdünnt sie sich am
meisten. Dahin strömt nun von allen Seiten die Luft. Die Luft vom Meere
bringt den Regen. Da gibt es fast täglich surchtbare Gewitter mit Wolken-
brüchen und Uberschwemmungen. Kaum aber ist die Regenzeit vorüber, so
schießt auf dem feuchten, von der Sonne erwärmten Boden eine Pflanzenwelt
so üppig empor, wie sie nur noch an wenigen Stellen der Erde gefunden wird.
Manche Pflanzen machen in einer Nacht fingerlange Triebe. Die Felder werden
in der Regel zweimal bestellt und liefern ungeheure Erträge an Weizen.
Nächst Amerika hat Indien die größte Baumwollenernte. Der Reis, die Haupt-
nahrung der Hindu, gibt in dem zeitweise überschwemmten Uferlande sogar
vier Ernten. Deutschland erhält von Indien jährlich für über 100 Millionen
Mark Baumwolle, Jute und Reis. In den Urwäldern, die noch Herden von
Elefanten, Tigern, Affen, Pfauen bergen, sieht man die stattlichsten Palmen
und die herrlichsten Brotfruchtbäume. — Im November tritt die trockene
Jahreszeit ein, herbeigeführt durch den von Nordosten kommenden, mehr trockenen
Wintermonsun.
4. Das Bochland von Dekan senkt sich von Westen nach Osten, ist
aber sowohl an der Westküste (Malabar) wie an der Ostküste (Koromandel) mit
Randgebirgen umgeben. Wenn vom Mai bis September die Jahreswinde
(Monsune) aus Südwest wehen, so entladen sich die Regenwolken an der West-
küste, während die Ostküste dürr und regenlos bleibt. Wenn aber vom Oktober
bis April die Winde aus Nordost wehen, dann hat die Ostküste mehr Regen,
solange nämlich im Herbste noch vom Meere feuchtwarme Luft herweht. Das
Innere des Landes aber bekommt nur selten Regen und ist daher vielfach dürr.
Auf einer kleinen Insel an der Westküste liegt Bombay 'bombehl (über 800 T.),
der Haupthafen für Baumwolle und Baumwollenwaren. An der flachen Ostküste
liegt an der einzigen Stelle, die durch größere Schiffe zu erreichen ist, die
Hafenstadt Madras (½ M.).