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5. Religion. Die heidnischen Hindu bilden noch wie vor Jahrtausenden vier Kasten.
Diese Scheidung hat nach ihrer Lehre der Gott Brahma selbst angeordnet. Aus seinem
Munde gingen die Priester. aus seinen Armen die Krieger, aus seinen Schenkeln die
Ackerbauer und Kaufleute und aus seinen Füßen die Handwerker und Diener
(Kulis) hervor. Zu keiner Kaste gehören die verachteten und gemiedenen Parias. — Die
Hindu verehren Brahma als den Schöpfer, Wischnu als den Erhalter und Schiwa als
den Zerstörer der Welt. Diesen Götzen bringen sie in prachtvollen Tempeln (Pagoden)
Opfer. In Benäres (230 T.), der heiligen Stadt der Hindu, findet man am Ufer des
Ganges die größten und schönsten Tempel. Auf dem Tempelhofe tummeln sich in großer
Zahl die heiligen Stiere des Schiwa. An den Wänden des Tempelhofes sieht man in
großer Zahl die Fakirs oder Büßer, eine Art vom Volke als heilig verehrte Bettelmönche,
neben ihren Götzenbildern. Sie martern ihren Leib in der furchtbarsten Weise; denn die
Selbstpeinigung ist ihren Göttern das liebste Opfer. Das Leben ist für den Hindu nur
eine Prüfungszeit, die er auf jede Weise abzukürzen sucht. Daher ziehen auch alljährlich
große Scharen nach Benäres und stürzen sich in die heiligen Fluten des Ganges. Nach
dem Glauben der Hindu wandert die Seele eines Verstorbenen in den Leib eines anderen
Menschen oder Tieres. Daher scheuen sie sich, irgend ein Tier zu töten, ausgenommen
Fische. — Das Christentum findet nur langsam Eingang, obgleich sich schon viele Missio-
nare hier in heldenmütiger Weise geopfert haben. Indien hat 2—3 M. Cdhristen.
6. Seit 1859 steht Vorderindien unter der unmittelbaren Herrschaft Eng-
lands, dessen König auch den Titel „Kaiser von Indien“ führt. Zu Vorder-
indien gehört auch die Insel Ceylon. Sie erzeugt den besten Zimt, in neuester
Zeit aber hauptsächlich Kaffee und Tee. An ihren Küsten werden durch Taucher
die kostbaren Perlmuscheln vom Meeresgrunde heraufgeholt.
Hinterindien (4 mal so groß wie Deutschland — 40 M. E.)
und die indischen Inseln.
1. Binterindien. Von den mächtigen Strömen, die das Land durch-
fließen, ist der Mekong am bedeutendsten. In den Niederungen gedeiht der
Reis so vorzüglich, daß auch Vorderindien z. T. von hier aus damit versorgt
werden kann. Die Westküste ist im Besitze der Engländer, ebenso die Südspitze
der Halbinsel Malakka mit der Hafenstadt Singapore. Die Ostküste ist französisch,
im Nordosten auch das an China angrenzende Tonking. Den übrigen Teil
Hinterindiens nimmt das noch unabhängige, sehr fruchtbare Reich Siam ein.
Es liefert Reis, Tiekholz, Kautschuk und Elfenbein. Hauptstadt ist Bangkok
am Menam (630 T.).
2. Die indischen Inseln liegen zwischen Asien und Australien. Sie bilden
vier Gruppen: a) die Großen Sundainseln (Sumätra, Java, Börneo,
Celébes), b) die Kleinen Sundainseln, c) die Molukken oder Gewürzinseln,
d) die Philippinen. — Alle sind gebirgig, und viele von ihnen besitzen auch
tätige Vulkane. Durch das furchtbare Erdbeben 1883 in der Sundastraße wurden
auf Java 3 Städte, 50 Dörfer und 50000 Menschen von den Wellen verschlungen.
Die Gipfel der Berge sind meistens dicht bewaldet, in den urbar gemachten
Tälern aber baut man Mais, Zuckerrohr, Tabak und ganz besonders Kaffee. —
Die Sundainseln sowie die Molukken stehen größtenteils unter holländischer Herrschaft;
sie sind 44 mal so groß wie Holland. Am meisten Wert und Bedeutung für
die Holländer hat die Insel Java. Sie ist etwa fünfmal so groß wie Holland
und bringt durch ihre Kaffee= und Teepflanzungen reichen Gewinn. Deutschland
erhält von diesen Inseln für 50 Millionen Mark Tabak und Kaffee. Der Hauptort