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dem Menschen. Nur in Verzweiflung wehren sie sich oder greifen gar an. Ihr
Körper ist schlank; ihre Läufe sind dünn, aber sehnig und voll Kraft. Die
„Lichter“ äugen klug und scharf. Auch die „Witterung“ (Geruch) ist vortrefflich
und das Gehör fein. Die Männchen tragen ein knöchernes, stolzes Geweih oder
„Gehörn“, das jährlich abfällt und neu wächst. Die Weibchen mit den nach-
folgenden Jungen sind Urbilder treuer Mutterliebe. Der Edelhirsch zeichnet sich
durch Größe, stolze Haltung und das vielästige Geweih mit runden Stangen
aus. Bescheidener tritt das Damwild mit seinem breitschaufeligem Geweih und
viel geringerer Körpergröße auf. Die zierlichste Hirschform ist das allbekannte
Reh. Der Rehbock zeigt sich als hübsche, fast stattliche Erscheinung, zugleich aber
als nur auf seine Sicherheit bedachter Einsiedler. Die „Nicke“ dagegen bewährt
sich als selbstlose, fürsorgliche und zugleich tapfere Muttsr des allerliebsten „Reh-
kitzchens“, das sie durch schnelles Schlagen mit den Vorderläufen gegen Fuchs
und Marder zu verteidigen sucht.
125. Das Wildlsschwein.
1. Aufenthalt und Körperbau. Die Wildschweine bewohnen die Dickichte
der großen Wälder Europas einzeln und in Rudeln bis 40 Stück. Der Hals ist
kurz, so daß der Körper plump und ungelenk erscheint. Die Beine haben je
zwei Paar Hufe, die sie bei gespreizter Stellung am Einsinken in den Morast
verhindern. Sie sind ebenfalls kurz, aber stark. Mit ihnen wissen die Tiere er-
staunlich schnell und behende durch das Waldesdickicht hindurchzuschlüpfen. Im
stärksten Dickicht wühlt sich jedes Rudel eine muldenartige Vertiefung, den
Kessel. Zum Wühlen dient die rüsselartig verlängerte Schnauze, an der sich
vorn eine knorpelige Wühlscheibe befindet. Der Kopf wird durch die kräftigen
Halsmuskeln bewegt. Im Winter schützen Borste, Schwarte und Fettschicht vor
Kälte. Färbung schwarzbraun, daher Schwarzwild.
2. Nahrung. Gewöhnlich gehen die Wildschweine, um nicht gestört zu
werden, erst mit Anbruch der Dunkelheit auf Nahrung aus. Sie besteht aus
Eicheln, Bucheckern, Rüben, Kartoffeln, Gras, Larven, Würmern — kurz aus
allem möglichen. Beim Aufsuchen dieser Nahrung kommt ihnen ganz besonders
ihre Wühlschnauze zustatten. Auch ist es für sie von großem Vorteil, daß vorn
in der Rüsselscheibe die beiden Nasenlöcher liegen, mit denen sie die in der Erde
verborgenen Würmer und Samen leicht wittern. Zur Aufnahme der Nahrung
eignen sich besonders die nach vorn gerichteten und so gleichsam eine passende
Schaufel bildenden Schneidezähne des Unterkiefers, auf welche die senkrecht nach
unten stehenden des Oberkiefers zum Abbeißen von Stücken aufgreifen, während
die stumpfhöckerigen Backenzähne das Kauen besorgen. Auf Ackern richten die
Wildschweine oft Schaden an. Sie werden deshalb meist im Wildgatter gehalten.
3. Mut und Verteidigungswaffen. Als Verteidigungswaffe dienen dem
Schwarzwilde besonders die Eckjähne. Sie sind bei dem männlichen Schweine
(Keiler) auffallend verlängert, ragen aus dem Ober- und Unterkiefer nach oben
und werden Hauer oder Gewehr genannt. Mit diesen Hauern greift der
Keiler, wenn er gereizt wird, seinen Feind wütend an und verwundet ihn nicht
selten lebensgefährlich. Namentlich ist er gefährlich, wenn er angeschossen ist.