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durchkreuzt. Drei Tage ließ der harte, hochmütige Priester das innere Burgtor
verschlossen, um Heinrichs Geduld zu ermüden. Aber immer wieder warf dieser
sein Bußgewand über und erschien am Tore. Erst am vierten Tage ließ ihn der
Papst vor, bestürmt durch die Bitten und Tränen seiner Umgebung, und sprach
ihn unter der Bedingung vom Banne los, daß er sich der Herrschaft enthalte, bis
auf einem Reichstage entschieden sei, ob er König bleiben solle oder nicht.
7. Rudolf von Schwaben. Mit flammendem Zorn kehrte Heinrich nach Deutsch-
land zurück. Hier hatten die Fürsten bereits einen neuen König gewählt, den ehr-
geizigen Schwager Heinrichs, Rudolf von Schwaben. Es kam zur Schlacht
bei Merseburg. Rudolf siegte zwar, wurde aber im Kampfe durch einen Lanzen-
stich tödlich verwundet; auch wurde ihm die rechte Hand abgehauen. Als man sie
ihm zeigte, soll er reumütig ausgerufen haben: „Das ist die Hand, mit der ich Hein-
rich den Eid der Treue schwur.“ Noch heute zeigt man diese Hand im Dome zu
Merseburg.
8. Ende Gregors VII. Der Papst hatte anfangs der Wahl Rudolfs gegen-
über eine abwartende Stellung eingenommen. Später aber war er entschieden
für Rudolf eingetreten und hatte Heinrich abermals in den Bann getan. Da er-
schien Heinrich mit einem mächtigen Heere vor Rom, erklärte den Papst für abgesetzt
und ließ einen neuen Papst wählen. Der krönte ihn zum Kaiser. Drei Jahre wurde
Gregor in der Engelsburg zu Rom belagert. Endlich gelang es einem tapferen
italienischen Ritter, ihn zu befreien und nach Salerno in Sicherheit zu bringen.
Hier starb Gregor mit den Worten: „Ich habe die Gerechtigkeit geliebt und das Böse
gehaßt, darum sterbe ich in der Verbannung.“
9. Heinrichs Ende. Nach so vielen Unruhen mußte es Heinrich IV. noch er-
leben, daß sich sein eigener Sohn Heinrich, von den Feinden des Vaters aufgehetzt,
gegen ihn empörte und ihn sogar hinterlistigerweise gefangen nahm. Zwar gelang
es dem Vater zu entfliehen; aber bald darauf starb er, gebrochen an Leib und Seele,
zu Lüttich. (1106.) Selbst im Tode lastete noch der Bann auf ihm; seine Leiche
wurde zweimal begraben und zweimal wieder aus dem Grabe gerissen. Ein Mönch
aus Jerusalem bewachte sie und betete für Heinrichs Seele. Im Jahre 1111 endlich
wurde die Leiche vom Banne befreit und in Speyer feierlich beigesetzt. Sein
ungeratener Sohn Heinrich V. folgte ihm in der Regierung. Unter ihm wurde
der Streit zwischen Papst und Kaiser durch die Wormser Übereinkunft bei-
gelegt. Die Wahl der Bischöfe sollte in Gegenwart des Kaisers stattfinden. Der
Kaiser belehnte dann den Gewählten durch das Zepter mit dem weltlichen Fürsten-
tum, worauf ihm der Papst mit Ring und Stab das geistliche Amt übergab. Mit
1125 Heinrich V. erlosch das fränkische Kaiserhaus. (1125.) (Gedicht: Die Glocken zu
Speyer, von Oer.)
3. Die Kreuzzüge.
1. Wallfahrten. Schon seit dem 4. Jahrhundert unternahmen die Christen
Wallfahrten nach dem Heiligen Lande, um am Grabe des Erlösers zu beten und
im Jordan zu baden. Der Priester kleidete den Pilger in ein langes Pilgergewand
und versah ihn mit Kreuz, Pilgertasche und Pilgerstab. In allen christlichen Ländern
konnten die Pilger auf gastfreie Aufnahme rechnen, und solange die Araber im Be-
sitze des Heiligen Landes waren, durften sie ungehindert gehen und kommen. Als