Full text: Sächsisches Realienbuch enthaltend Geschichte, Erdkunde, Naturgeschichte, Physik, Chemie und Mineralogie

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aber im 11. Jahrhundert die Türken Herren des Landes wurden, hatten die 
Pilger viele Drangsale auszustehen; sie wurden beraubt, mißhandelt und zuweilen 
sogar getötet. 
2. Peter von Amiens. Immer lebhafter wurde daher der Wunsch der Christen, 
das Grab des Erlösers von den Türken zu befreien. Der Einsiedler Peter von 
Amiens hatte im Heiligen Lande die Leiden der Christen gesehen und durchzog nun 
Italien und Frankreich, um das Volk für die Befreiung Jerusalems zu begeistern. 
Barfuß und ohne Kopfbedeckung saß er auf einem Esel. In der Hand hielt er ein 
Kruzifix. Sein Gesicht war bleich und abgezehrt, und das lange Pilgerhemd wurde 
von einem Stricke zusammengehalten. Überall erzählte er, welche Greuel die Türken 
an den Pilgern und den heiligen Stätten verübten. Er betete, klagte, weinte und 
forderte das Volk zur Befreiung Jerusalems auf. 
3. Kirchenversammlung in Clermont. 1095 berief der Papst eine Kirchen- 
versammlung nach Clermont. Hier, auf freiem Felde, schilderte er, wie der Tempel 
in eine Moschee verwandelt, die Bilder des Heilandes an Nase und Ohr, an Arm 
und Bein verstümmelt und die Christen gemartert und geschändet worden seien. 
Wer an dem Kampfe gegen die Ungläubigen teilnehmen wollte, dem wurde Ver 
gebung der Sünden und ewiger Lohn im Himmel zugesichert. „Gott will es, 
Gott will es!“ erscholl es aus dem Munde aller, und Tausende waren bereit, zum 
Kampfe gegen die Ungläubigen auszuziehen. Sofort schnitt der Papst aus seinem 
Purpurmantel Kreuze und heftete sie den Vornehmsten auf die rechte Schulter. 
Bald trug jeder, der mitziehen wollte, ein solches Zeichen; daher die Benennung 
Kreuzfahrer und Kreuzzug. 
4. Begeisterung. In wenigen Wochen verbreitete sich diese Begeisterung 
durch alle christlichen Länder. Am Himmel erschienen Kometen und Nordlichter; 
ein Priester glaubte, ein Schwert, ein anderer, ein ganzes Heer in den Wolken ge- 
sehen zu haben. Kein Stand, kein Alter wollte zurückbleiben. Der Landmann 
verließ den Pflug, der Hirt seine Herde, der Vater die Kinder, der Mönch die Zelle. 
Ein neuer Geist war über Europa gekommen. Doch nicht immer waren es lautere 
und edle Gründe, die die Kreuzfahrer hinaustrieben; manchen Ritter lockten Aben- 
teuer, dem Leibeigenen winkte die Freiheit, und viele Arme hofften auf reiche Beute. 
5. Die ersten Kreuzfahrer. Ein Teil der Kreuzfahrer konnte die Zeit nicht 
erwarten, bis die Rüstungen der Fürsten beendet waren. Daher zogen sie im Früh- 
jahre 1096 unter Peter von Amiens und Walter von Habenichts voraus. 
Nur wenige von ihnen hatten Waffen, die meisten waren Bauern und Leibeigene, 
die sich durch Raub und Mord bereichern wollten. Die Ungarn aber, dadurch er- 
bittert, fielen über die wilden Banden her und erschlugen eine große Zahl. Andere 
wurden durch Hunger und Krankheit dahingerafft; die aber, die mit Peter Asien 
erreichten, wurden fast alle von den Türken vernichtet. So waren an 100000 Menschen 
ums Leben gekommen, und nur mit einem kleinen Häuflein kehrte Peter nach Kon- 
stantinopel zurück. 
6. Das Hauptheer. Antiochien. Inzwischen hatte das Hauptheer seine 
Rüstungen vollendet. Es bestand aus den edelsten Rittern Frankreichs und wurde 
von Gottfried von Bouillon geführt. Seinen Weg nahm es durch Ungarn 
und die Türkei. Bei Konstantinopel setzte es nach Asien über. Der ganze Zug, 
der sich aus 600 000 Personen zusammensetzte, bewegte sich nur langsam vorwärts. 
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