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153. Das Renntier.
1. Heimat, Gestalt und Nahrung. Das Renntier ist etwa so groß wie ein
Damhirsch, aber plumper und sieht im Sommer braun, im Winter weißgrau
aus. (Schutzfarbe.) Es bewohnt den Norden Europas, Asiens und Amerikas,
jene Gegenden, wo Pferd, Schaf und Rind der Kälte wegen nicht mehr ge-
deihen. Zum Aufenthalte in jenen Gegenden sind seine Füße ganz vorzüglich
geeignet. Die Hufe sind nämlich sehr breit, so daß es mit Leichtigkeit sowohl
über die zahlreichen Moräste des Sommers als auch über die weiten Schnee-
decken des Winters hinwegeilen und geschickt an den Gletschern hinaufklettern
kann. Was das Renntier aber vor allem zum Aufenthalte im hohen Norden
geeignet macht, das ist seine Genügsamkeit. Seine Nahrung besteht hauptsächlich
aus der Renntierflechte, die dort überall wächst und oft
wie ein weißgrauer Teppich den Boden meilenweit bedeckt.
Im Winter scharren sich die Renntiere, solange der Schnee
weich ist, mit den Vorderfüßen ihre Nahrung unter dem
Schnee hervor. Ob auch mit dem Geweih, ist zweifelhaft.
2. Nutzen. Dem nördlichen Bewohner — namentlich
dem Lappen — ist das Renntier unentbehrlich, da es fast
alle seine Bedürfnisse befriedigt. Auf den vielen Wanderungen
des Lappen, die sein Nomadenleben mit sich bringt, trägt
ihm das Renntier sein Zelt und Hausgerät. Vor den Vorderfuß des
bootähnlichen Schlitten gespannt, durcheilt es an einem Renntiers.
Tage 100—150 km. Die fette Milch des Tieres wird ge-
trunken, oder man bereitet Käse daraus. Im Herbste schlachtet der Lappländer
je nach Vermögen eine Anzahl Renntiere. Das Fleisch ist sehr schmackhaft. Aus
den Knochen werden Löffel, Messer, Nadeln u. dgl. geschnitzt. In den Blasen
wird Milch und Tabak aufbewahrt und aus den Sehnen und Gedärmen Zwirn
bereitet. Die Haut dient als Kleidung und das Geweih zu allerlei Gerätschaften.
3. Pflege. Dieses großen Nutzens wegen hat der Lappe das Renntier auch
schon vor langer Zeit gezähmt. Hat er 500 Renntiere, so kann er sorgenfrei
leben. Wer aber 800 und noch mehr sein eigen nennt, gilt für einen reichen
Mann. Die Bewachung einer solchen Renntierherde ist sehr beschwerlich, sowohl
im Winter, als auch im Sommer. Im Winter tritt bei der Schneekruste nicht
selten Futtermangel ein, oder es dringen in die Herden auch wohl Scharen von
Wölfen ein, die den Besitzer in einer Nacht zum armen Manne machen können.
Im Sommer aber werden die Renntiere von den Mückenschwärmen und Bremsen
des Nordens oft furchtbar gequält. Die Bremsen legen ihre Eier in die Haut.
Die auskriechenden Maden aber erzeugen dort Geschwüre, die den Renntieren
große Qualen verursachen. Um diesen zu entgehen, flüchten die Renntiere im
Sommer auf die kühleren Gebirge oder in nördlichere Lagen. Im Herbste aber
kehren sie der Kälte wegen wieder zurück. Auf diese Weise zwingen sie ihre Be-
sitzer, die ihnen dabei folgen müssen, zu einem steten Wanderleben.
154. Das einböckerige Kamel (Dromecar).
1. Heimat und Aussehen. Das Kamel lebt in den Wüsten Asiens und
Afrikas. Dem Wüstenbewohner ist das Tier unentbehrlich. Mit seiner Milch