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Gebläseluft und so vor Verbrennung geschützt. Von Zeit zu Zeit schöpft man
die Schlacke mit breiten Schaufeln ab, oder man läßt sie durch eine besondere
Offnung abfließen. Das Eisen wird alle 8—12 Stunden abgestochen, d. h. an
einer Seite wird ein mit Lehm verklebtes Loch geöffnet, und das weißglühende
Eisen ergießt sich dann in Rinnen und Formen, wo es erkaltet und die Form
von schmäleren oder breiteren Eisenstücken erhält. Es ist das Guß= oder Roh-
eisen, aus dem in der Eisengießerei Töpfe, Ofen, Gitter usw. gegossen werden.
d4) Das Roheisen kann nicht geschmiedet und geschweißt werden; das Eisen
hat zu viel Kohle ausgenommen (2,3—500) und ist daher zu schmelzbarem, aber-
sprödem Kohleneisen geworden. Um Schmiedeeisen herzustellen, muß man den
Kohlenstoff bis auf ½% verbrennen. Das geschieht im Puddelofen. Der
Puddelofen ist ein Flammenofen, so genannt, weil das zu schmelzende Eisen nur
mit der Flamme, nicht aber mit dem Brennmaterial in Berührung kommt. In
diesem Ofen bringt man das Roheisen unter starkem Luftzutritt zum Schmelzen.
Man nennt dies das Puddeln des Eisens. Vor dem Ofen steht nämlich ein
Arbeiter und dreht und wendet (puddelt) mit einer Krücke stundenlang die
Masse, bis sie zuletzt so weich und zähe wie Teig wird, und der größte Teil des
Kohlenstoffs verbrannt ist. Hierauf wird die Masse in Klumpen unter den Dampf-
hammer gebracht, der ein Gewicht bis zu 50000 kg hat. Dröhnend fällt er auf
das weiche Metall nieder und gquetscht alle schlackigen Teile heraus. Durch Walzen
wird dann das lang und breit gehämmerte Eisen zu langen Stäben ausgedehnt,
wie sie Schlosser und Schmiede verarbeiten. — In der Blechhütte wird das Stab-
eisen durch Walzen zu Blech gewalzt, in Drahthütten wird es zu Draht verarbeitet,
indem man das sehr dünn gewalzte Stabeisen durch Löcher einer Stahlplatte zieht.
e) Stahl enthält 1,6% und weniger Kohlenstoff. Man kann ihn auf drei-
fache Weise gewinnen: 1. aus Gußeisen, indem man es durch Glühen unter
Luftzufuhr noch etwas, aber nicht völlig entkohlt (Schweiß= oder Frischstahl),
2. aus Schmiedeeisen, indem man es mit Kohlenpulver in verschlossenen Kasten
glüht, wodurch es 1—1½% Kohle aufnimmt (Zementstahl), 3. aus Guß= und
Schmiedeeisen, indem man beides zusammen schmilzt (flüssig macht, daher
Flußstahl). Den billigsten und besten Gußstahl stellt man jetzt dadurch her, daß
man geschmolzenes Gußeisen in ein großes, birnenförmiges Gefäß, eine
Bessemer Birne, gießt, hier durch eingepreßte Luft entkohlt, dann aber so viel
Gußeisen zusetzt, daß der Kohlenstoffgehalt bis 1,6%% beträgt. Die Birne wird
an der Innenseite mit Kalk ausgekleidet; dieser entzieht dem Eisen den Phos-
phor und bildet mit ihm phosphorsauren Kalk, der als Thomasschlacke heraus-
gemeißelt, zu Thomasphosphatmehl gemahlen und als wertvolles Düngemittel
verwandt wird. — Alle drei Arten liefern Gußstahl. — Taucht man glühenden
Stahl plötzlich in kaltes Wasser, so wird er im höchsten Grade hart und spröde.
Er ist dann nicht schmiedbar. — Erhitzt man den Stahl jedoch abermals und
läßt ihn dann langsam abkühlen, so wird er viel biegsamer und geschmeidiger
als das Schmiedeeisen. Fast alle Schneidewerkzeuge, Sensen, Messer u. dgl.,
werden aus weichem Rohstahl hergestellt, der dann wieder gehärtet wird. Oft
ist nur die Schneide aus Stahl. Weltberühmt ist der Gußstahl, den die von
Krupp in Essen gegründete Fabrik liefert. Aus diesem Stahl werden Maschinen-
teile, Eisenbahnschienen. besonders aber Kanonen gegossen