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Wollte der Kaufmann Waren einkaufen, so begab er sich, in der Regel zu Pferde
und gut bewaffnet, nach Frankfurt, Cöln, Breslau oder einem anderen Ort.
Dort wurden besonders an Sonn= und Festtagen, wenn sich viele Leute zur Messe
eingefunden hatten, die Waren gehandelt. Daher hießen die Märkte auch Messen.
Wenn möglich, wurden die gekauften Waren auf ein Schiff verladen, das auch der
Kaufherr bestieg; denn er durfte in den unsicheren Zeiten seine Schätze nicht aus
dem Auge lassen. Die Fahrt war mit vielen Hindernissen verknüpft. Wenn das
Schiff irgendwo das Ufer berührte, so verfiel die ganze Ladung dem Besitzer des
Uferlandes. Manche Städte und Ritter sperrten den Fluß durch ein Seil und ver-
langten einen Zoll. In bestimmten Stapelorten mußten alle Waren ausgeladen
und auf dem Markte 2—3 Tage lang zum Verkaufe ausgestellt werden. War zur
Weiterreise ein Frachtwagen nötig, so mußte dieser hier in der Stadt gemietet werden.
Er wurde nach Bedarf mit 8—10 Pferden bespannt. Die Straße war, damit der
Zoll nicht umgangen werden konnte, genau vorgeschrieben. Wer bei sandigen oder
sumpfigen Stellen zur Seite fuhr oder einen Richtweg einschlug, hatte hohe Strafe
zu zahlen. Warf der Wagen um oder berührte die Achse den Boden, so gehörte die
abgefallene Ware oder wohl gar der Wagen nebst Ladung dem Herrn des Grund
und Bodens, auf dem das Unglück geschehen war. Führte der Weg über eine Brücke,
so mußte ein Brückengeld gezahlt werden. Wo Räuber und Wegelagerer den
Weg unsicher machten, da mußte sich der Kaufherr von dem Herrn des Landes das
Geleit kaufen, wofür ihn dieser ungefährdet durch sein Gebiet führen ließ. Erst
nach wochenlanger, mühseliger Fahrt kam der Kaufherr — nicht selten nur mit einem
Bruchteile der gekauften Waren — in der Heimat an. Trotz all dieser Hindernisse,
die dem Handel bereitet wurden, wuchs der Reichtum der Kaufherren. In Augs-
burg hatten zur Reformationszeit die Fugger und Welser die Schuldverschrei-
bungen mancher Fürsten in ihrer Truhe.
Die Juden waren von den Zünften und Kaufmannsgilden ausgeschlossen und dadurch
auf den Beruf als Geldwechsler und Geldverleiher hingewiesen. Und das um so mehr, als
den Christen das Zinsnehmen von der Kirche verboten war. Die Juden aber nahmen bis
33½900, ja sogar bis 43½0% Do geriet mancher tief in ihre Schuld, während viele Juden
große Reichtümer anhäuften. So zogen sie sich den Haß der ihnen Verschuldeten und der
Besitzlosen zu, der sich von Zeit zu Zeit in furchtbaren Verfolgungen Luft machte. Man be-
schuldigte sie dann törichterweise auch, sie hätten die Brunnen vergiftet und die Pest herbei-
geführt. In Basel wurden die Juden nach der Weihnacht 1348 in ein hölzern Häuslein zu-
sammengeschlossen und jämmerlich im Rauch erstickt. In demselben Jahre wurden zu Straß-
burg auf einem hölzernen Gerüst 2000 Juden verbrannt.
5. Die Hansa. Zur Zeit des Faustrechts lauerten die Raubritter nicht selten
den vorüberziehenden Kaufleuten an der Heerstraße auf und plünderten ihre Schiffe,
die den Rhein und die Elbe befuhren. Auch machten Seeräuber die Schiffahrt auf
der Nord= und Ostsee unsicher. Da vereinigten sich Lübeck und Hamburg (1241)
und beschlossen, sich gegen diese Räuber zu schützen. Sie schufen sich ein eigenes
Heer und rüsteten Kriegsschiffe aus, die die Kauffahrer auf der Elbe u. a. Flüssen
sowie auf der Nord= und Ostsee in Schutz nahmen. Diesen Bund nannte man die
Hansa. Bald traten nun auch noch andere Städte diesem Bündnis bei, wie Braun-
schweig, Stralsund, Stettin, Cöln, Frankfurt a. O., Königsberg, Magdeburg usw.,
im ganzen über 80 Städte, und es dauerte nicht lange, so zitterte alles vor der Macht
der Hansa. Sie hatte neben einer Flotte von 200 Schiffen ein furchtbares Land-
heer und führte Krieg mit Fürsten und Königen. So erklärte sie einmal dem Könige