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neuen Aufstand, der im Schwarzwald begann und sich über Franken und Thüringen
fortpflanzte. Ritter, wie Florian Geyer und Götz von Berlichingen, schlossen
sich den Aufständischen an. Die Bauern forderten freie Wahl der Priester, freie Jagd,
Fischerei und Holzung, Abstellung des Wildschadens, Aufhebung der Leibeigenschaft,
Erleichterung der Frondienste und gerechtes Gericht. Das waren gemäßigte For-
derungen. Als aber Schwärmer wie Thomas Münzer in Mühlhausen an die
Spitze des Aufruhrs traten, zogen die bewaffneten Haufen sengend und brennend
im Lande umher. Uberall, wohin sie kamen, vertrieben sie die Fürsten und richteten
Gütergemeinschaft ein.
2. Niederlage. Luther, der anfänglich zum Frieden geraten hatte, forderte
jetzt die Fürsten auf, mit dem Schwerte dreinzuschlagen und kein Erbarmen mit
den räuberischen und mörderischen Bauern zu haben. Bald zogen der Kurfürst
Johann der Beständige von Sachsen, der Landgraf Philipp von Hessen und der
Herzog Georg der Bärtige von Sachsen mit ihren Scharen nach Thüringen, wo
Thomas Münzer mit seinem Anhange arg gehaust hatte. Bei Frankenhausen
kam es (1525) zum Kampfe. Die betörten Bauern, die singend und betend den
Beistand der himmlischen Heerscharen erwarteten, waren von den krieggeübten
Söldnern der Fürsten bald besiegt. Münzer flüchtete nach Frankenhausen und hielt
sich in einem Bette versteckt. Er wurde jedoch aufgefunden und nach Mühlhausen
gebracht, wo er bis zum Wahnsinn gefoltert und dann mit 25 Genossen hingerichtet
wurde. Die traurige Lage der Bauern wurde nicht gebessert, an manchen Orten sogar
noch verschlechtert.
5. ZTwingli und Calvin.
Fast gleichzeitig mit Luther trat auch in der Schweiz ein Reformator auf:
Huldreich Zwingli, Pfarrer in Zürich. Wie Tetzel in Deutschland, so trieb da-
mals der Mönch Samson in der Schweiz den Ablaßhandel in der unverschämtesten
Weise. Das gab Zwingli Veranlassung (1519), öffentlich gegen Ablaß und Fege-
feuer, gegen die weltliche Macht des Papstes und den Reichtum der Geistlichkeit
aufzutreten. Zwingli schöpfte wie Luther alle seine Erkenntnis nur aus der Bibel
selbst und stimmte auch in den meisten Punkten mit ihm überein. In der Lehre
vom Abendmahl wichen jedoch die beiden Reformatoren voneinander ab. Während
Luther behauptete, es müsse heißen: „Das ist mein Leib“, meinte Zwingli, es sei
richtiger zu sagen: „Das bedeutet den Leib“. Auf Wunsch Philipps von Hessen
kamen Luther und Zwingli in Marburg (1529) zusammen, um sich über diesen
Punkt zu einigen; aber jeder blieb bei seiner Meinung. — Die Lehre Zwinglis breitete
sich in der Schweiz immer mehr aus. Die Kantone Schwyz, Uri, Unterwalden,
Luzern und Zug aber widersetzten sich der neuen Lehre und verbrannten sogar einige
Prediger der zwinglischen Lehre. Bald entstand ein blutiger Kampf zwischen den
reformierten und katholischen Kantonen. Bei Kappel kam es zur Schlacht. Die
Züricher erlitten eine Niederlage, und Zwingli selbst, der das Banner der Stadt
trug, wurde erschlagen. (1531.) In dem bald darauf folgenden Frieden wurde
festgesetzt, daß es jedem Kanton freistehe, seine kirchlichen Angelegen-
heiten selbst zu ordnen. — Später setzte Johann Calvin in Genf das Werk
Zwinglis fort. Seine und Zwinglis Anhänger nennt man Reformierte, während
die Anhänger Luthers Lutheraner genannt werden. Die Hauptbekenntnisschrift
der Reformierten ist der Heidelberger Katechismus.