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Ein kaltes, nasses Frühjahr hatte die Vegetation in der Heimat
ungewöhnlich zurückgehalten; nach der herrlich entwickelten Natur
der schönen Umgebung von Compiègne wirkte der Gegensatz etwas
herabstimmend und ließ die hohe Frau die erneute Trennung
von ihrem Gemahl um so schmerzlicher empfinden. Sie eilte
nach Jahnishausen, dem Königspaare zu berichten und es nach
längerer Abwesenheit zu begrüßen. Ihr erster Ausflug in Sachsen
galt dann Rehefeld, um das Jagdhaus zum Empfange des Ge—
mahls vorzubereiten.
Als die Wiederherstellung der Regierungsgewalt in Paris
erfolgt war und die deutschen Friedensbedingungen Annahme
gesunden hatten, stand dem Rückmarsche der deutschen Streitkräfte,
soweit sie nicht für die fernere Occupation Verwendung finden
sollten, kein Hindernis mehr im Wege. Auch Kronprinz Albert
konnte wieder in das geliebte Vaterland zurückkehren und traf
am 10. Juni in Dresden ein.
Das Kronprinzenpaar begab sich nach Berlin, um dem
dortigen von einem unbeschreiblichen Enthusiasmus der Bevöl-
kerung getragenen Truppeneinzuge beizuwohnen, dem Einzuge
des Gardekorps, welches bei der Maasarmee unter den Befehlen
des Kronprinzen gestanden hatte, und der Deputationen der
ganzen deutschen Armee.
Der 11. Juli 1871, ein schöner Sommertag, war ein
Freuden= und Ehrentag, wie ihn die Hauptstadt Sachsens noch
nie gesehen. Er galt dem feierlichen Einzuge der siegreich
aus dem Felde zurückgekehrten vaterländischen Truppen. Den
tapferen Kriegern und ihren Führern wurde so recht aus dem
Herzen ein jubelnder Willkommen zu teil, der ihnen sagte,