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ein leuchtendes Vorbild für das ganze Land. Königin Amalie
war auch eine echte Landesmutter in treuer Pflege gemeinnütziger
Zwecke und wohlthätiger Einrichtungen, dabei von seltener Ein-
fachheit, Milde und Liebenswürdigkeit des Auftretens in ihrer
hohen Stellung gewesen. Den Beisetzungen beider Königinnen
wohnten zahlreiche verwandte und befreundete Fürstlichkeiten bei.
Diese im Jahre 1877 erlittenen Verluste waren für das
Königshaus überaus schwerz aber sie entsprachen doch im allgemeinen
der menschlichen Daseinsdauer, denn alle drei Verstorbenen hatten
das siebzigste Lebensjahr überschritten. Prinzessin Georg aber
wurde aus vollem, blühendem Leben ihrer Familie entrissen.
Sie starb am Typhus den 5. Februar 1884. Obwohl in fremdem
Lande geboren, zählte die Prinzessin durch Abstammung, wie
durch Charakter zu den Töchtern sächsischen Stammes. Im Laufe
der Jahre sprach sich diese Angehörigkeit immer stärker aus. Sie
hatte dem Prinzen Georg fast 25 Jahre lang in Freud und
Leid zur Seite gestanden und ihm sechs Kinder geschenkt, denen
sie die liebevollste Mutter war. Sie war in ihrer Gottesfurcht,
Bescheidenheit und in ihrem Sinn für eine wahrhaft christliche
Häuslichkeit allen Gattinnen ein Muster, den Müttern aller Stände
ein Vorbild. Die Teilnahme, welche ihr Tod hervorrief, ging
weit über das sonst übliche Maß der Verehrung und des Bei-
leids hinaus.
Die herzlichsten Beziehungen bestehen zwischen dem sächsischen
Königshause und dem des deutschen Kaisers. Keine Gelegenheit,
sei sie trauriger oder freudiger Art, geht vorüber, ohne dieselben
zu bezeugen. Die Königin empfand warm mit dem deutschen
Volke, als dieses seinen hohen Herrscher, Kaiser Wilhelm I., ver-