— 131 —
und Stelle unter der eigenen Kontrolle der Königin abgespeist.
Wer hat wohl in seinem eigenen Zimmer einen Speiseschrank
für die Armen?
In die ersten Monate des Jahres fällt die Zeit der großen
Hoffeste. Da öffnen sich die weiten Räume zu glänzenden
Festen, die den Thron mit königlicher Pracht umgeben. Auf
der in Weiß und Gold gehaltenen Haupttreppe und durch eine
lange, reich geschmückte Gallerie erreichen die Gäste die 1885
wesentlich erhöhten Paradesäle im zweiten Stock. Der mit zier-
lichen Decken und Wandschmuck ausgestattete weiße Stucksaal
dient zum Versammlungs= und Empfangsraum. Im großen Ball-
saale mit mächtigen Kronleuchtern aus Krystallglas und Möbeln
in Gold und Blau sind die Decke mit dem farbenreichen Ge-
mälde von Schulz, die oberen Wandflächen mit den Bende-
mannschen Fresken geschmückt; die untere Wandhälfte ist mit
poliertem rotem Marmor bekleidet. Der Ballsaal ist mit dem
Bankettsaal durch das Turmzimmer verbunden, in dem die
wertvollsten Meißner Porzellane Aufstellung gefunden haben.
Auf den Bankettsaal mit reich vergoldeter brauner Holztäfelung,
Bendemannschen Fresken und rotseidener Einrichtung folgt der
mit dunkelroten Sammettapeten und Spiegeln ausgestattete
Thronsaal. Ihm schließt sich eine Flucht von Saalzimmern
bis zum Thronsaale August des Starken an. Neuerdings ist
alles mit elektrischem Lichte erleuchtet.
Zu den Bällen ergehen besondere Einladungen. Es werden
Hof= und Kammerbälle unterschieden. Die Hofgesellschaft hat sich
fortgesetzt vergrößert; bei den Hofbällen versammeln sich jetzt
bis zu 900, bei den Kammerbällen etwa 300 Personen. Der
.