Full text: Aus dem Leben der Königin Carola von Sachsen.

stube des großen Gastzimmers angerichtet. Am andern Morgen 
erhielt der Reisebegleiter aus dem herrschaftlichen Zimmer die 
Fußbekleidungen zum Putzen herausgereicht, die er weiter- und 
wieder zurückbeförderte. Beim Verlassen des Hauses wurde ein 
namhaftes Geschenk für den bald zu erwartenden Sprößling der 
Wirtsleute zurückgelassen. 
Die Kronprinzeß unternahm von Tarasp aus mehrere Aus- 
flüge. Der Piz Ot (3249 m) wurde bestiegen. Von Samaden 
kirche vorüber im Zickzack hinauf, um den Piz Padella herum, 
an der Fontauna fraida vorbei, über glatte Granitplatten bis 
zum eigentlichen Felskegel des Berges. Ein gesprengter, treppen- 
artiger Pfad führte auf den Gipfel. Die Kronprinzeß war beim 
Erreichen des Zieles erschöpft. Ein einfach hergerichtetes Lager, 
auf dem sie rasch einschlief, diente ihr zur Rast, und ihr Schlaf 
war so fest, daß der alte Führer sich über sie beugte, um am 
Atmen zu sehen, ob sie noch lebte; er hielt einen so ruhigen und 
langen Schlaf auf einem so unbequemen Lager für unmöglich. 
Beim Erwachen hatte die Prinzessin dann den vollen Genuß des 
großartigen Anblickes, namentlich der herrlichen Aussicht auf die 
Bernina-Kette, auf eine doppelte und dreifache Reihe von 
Gletschern. 
Die Kronprinzeß, Mitte September über Baden-Baden zu 
rückgekehrt, begleitete den Kronprinzen zu der Revue und den 
Manövern bei Mittweida. 
In der Mitte dieses Jahrhunderts, in welche Zeit die vor 
stehend geschilderten Ereignisse fallen, waren die Verhältnisse in 
Sachsen wesentlich andere als in unseren Tagen. Das etwas
	        
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