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Scharen von Schleien und Karpfen spielen in dem frischen Wasser,
dessen Spiegel der Wind zu schäumenden Wellen kräuselt. Der
Rohrsänger heftet sein Nest an die schlanken Halme, und das
Wasserhuhn taucht an gedeckten Uferstellen in die Tiefe. Auf
flüchtiger Wanderung kehren anch Wildgans und Ente an dem
grünen Gestade ein, sodaß Jäger und Fischer an den Teichen und
Seen in gleicher Weise ihre Beute finden. Dem Naturfreund aber
werden die Wasserbecken in ihrer gerundeten Form, in ihrem Glanze
und ihrer Wellenbewegung oder ruhigen Tiefe zu freundlichen Angen
der Landschaft. Sie bestimmen die Natur derselben in so hohem
Grade, daß wir sie nach ihnen das nördliche Teich= und Seen
becken Sachseus nennen wollen.
3. Ostlich von dem Horstsee, den wir links an der Straße von
Mutzschen nach Wermsdorf treffen, liegt am Rande einer aus-
gedehnten Waldung ein stattliches Fürstenschloß. August der Starke
ließ es als Jagdschloß erbauen und nach Hubertus, dem Schutz-
heiligen der Jäger, benennen. In den Räumen desselben feierte er
mit zahlreichem Gefolge besonders am Hubertustage (3. Nov.) seine
üppigen Feste. Aber mit dem siebenjährigen Kriege brachen die
Grenel der Verwüstung anch über diesen Prachtbau herein. Plündernd
drangen die Soldaten Friedrichs des Großen in die prunkenden
Säle und vernichteten schonungslos Reichtum und Glanz. Von
Juden angekauft, wurde es sogar seines wertvollen Kupferdaches
entkleidet, das in die königliche Münze des Nachbarlandes wanderte.
Nur die kostbare Schloßkapelle ist in der Zeit der Vernichtung
uUnversehrt geblieben und zeigt sich heute noch in einfacher Schönheit
als eine Nachbildung der Hofkirche zu Dresden, mit vergoldetem
Alabasterschmuck an den Wänden, mit dem Taufstein, aus italienischem
Marmor gemeißelt, mit den Altargemälden, von Meisterhand ent-
worfen, und den Deckengemälden, die das Leben des heiligen
Hubertus darstellen. Dasselbe Schloß aber, das die Schrecken des
7jährigen Krieges an sich selbst erfahren mußte, brachte anch die
Segnungen des Friedens über unser Land. Denn in seinem
Versammlungssaale wurde durch sächsische, österreichische und preußische
Gesandte ein Friedensvertrag unterzeichnet, der in der Geschichte den
Namen des Schlosses trägt. Friedlicher Bestimmung blieben die
Räume des schönen Schlosses auch fernerhin geweiht. Nachdem es
eine Zeitlang, im Widerspruche mit seinem Berufe und zur Schädigung
seiner Schönheit, als Getreidelager gedient, hat es jetzt nach mehrfacher
Erweiterung der Nebenräume die „vereinigten Landesanstalten“ in
sich anfgenommen. Körperlich und geistig Kranke finden nun hier
durch Aerzte und Lehrer eine sorgsame Pflege und in den von
Gärten, Wald und Wasser umgebenen Räumen eine frenndliche
Heimstatt. So heften sich an den stolzen, mehrfach ernenerten
Bau neben die Bilder der Jagd und des Krieges anuch die
freundlicheren des Friedens und der christlichen Liebe.