Full text: Landeskunde des Königreiches Sachsen. Ausgabe A.

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den Gewölben sind Waren aus allen Gegenden der Erde aufgestapelt, 
und aus den Spiegelscheiben blicken kostbare Kleiderstoffe, Schmuck- 
sachen und Rauchwaren (Pelze) verlockend hervor. Welch Gewühl von 
Handelsdienern, Verkäuferinnen, Handelsherren und Markthelfern, 
wenn die Mittags= oder Abendglocke schlägt und sich die Läden der 
Kauflente schließen! Wie steigert sich aber der Kaufverkehr, wenn 
zu Neujahr, Ostern oder Michaelis, zur Erinnerung an die frühere 
kirchliche Feier, die Meßglocke erklingt! Da führen die dampfenden 
Züge Waren aus allen Gegenden Deutschlands, ja aus den Ländern 
Asiens und Amerikas herbei! Da füllen sich die Höfe mit Leder, 
die Gewölbe mit Tuchen, die Kisten mit Pelzen, die Kästen mit 
Seide! Der einheimische Kaufmann tritt dem fremden Fabrikanten 
sein Gewölbe ab, und manche Familie beschränkt sich auf Rüche und 
Kammer, um „Meßfremde“ ins Logis zu nehmen. Die Hausflur 
wird zum Kanufladen und das Gehöft ein Marktplatz. Nun strömen 
die Geschäftsleute herbei, ihre Einkäufe oder Bestellungen zu machen. 
Der Türke und Grieche mit gebräuntem Gesicht und roter Mütze 
wandeln suchend durch die Straßen, der polnische Jude in langem 
Seidenrocke drängt sich handelnd durch die Menge. Neben diesem 
„Großverkehr“, der sich in Wirklichkeit auf die erste Woche beschränkt, 
geht ein Kleinverkauf her, der ein Jahrmarkt im größeren Stile ist. 
Königs= und Augustusplatz bedecken sich mit Buden, in denen Glas- 
waren aus Böhmen, Weißwaren aus dem Vogtlande, Kleider und 
Schuhe aus benachbarten Städten feilgeboten werden. Auf dem 
Roßplatze aber laden Schankel und Karussell, Singspielhallen und 
Zirkus zum Vergnügen ein. Besonders an schönen Sonntagen füllen 
sich die Budenreihen mit Käufern der umliegenden Dörfer, und die 
Bahnzüge bringen Gäste ans dem angrenzenden Thüringen und 
Preußen. So wogt der Verkehr durch die Straßen, bis die Zahl- 
woche endlich die Messe schließt. Mag auch durch den ver- 
änderten Verkehr die Leipziger Messe ihre frühere Be- 
deutung etwas verloren haben, sie wird doch auch in 
Zukunft dazu dienen, einen persönlichen Verkehr des 
Kaufmanns und der Kundschaft und einen vergleichenden 
Einblick in die Warenlager verschiedener Handelshäuser, 
besonders durch die glänzende Ansstellung von Waren- 
mustern in dem städtischen Kaufhanse, zu gewähren. 
4. Einen besonderen Teil des Meßgeschäfts bildete früher auch 
der Handel mit Büchern, die hier zum ersten Male ausgelegt 
wurden. Gegenwärtig wird der Buchhandel nicht bloß auf die vier- 
wöchentliche Meßzeit beschränkt, sondern schwunghaft auch außer der 
selben betrieben. Geschäftig wird in den Druckereien gearbeitet, um 
das geschriebene Wort in das gedruckte umzusetzen. Die Druckbogen 
heftet dann die Maschine des Buchbinders zu handlichen Bänden 
zusammen. In weiten Gewölben stellt sie der Buchhändler auf und 
verschickt als Verleger die einzelnen Exemplare an die Sortiments- 
buchhandlungen kleinerer Orte. So ist ener Landesgesangbuch in
	        
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