Object: Europäischer Geschichtskalender. Achtzehnter Jahrgang. 1877. (18)

Das denischt Reithh und seinr einzelnen Glieder. (Mai 29 —Juni 3.) 117 
seligste Socialist kaum annehmen. Abgesehen davon, daß das Volk aus den 
Kammerberichten ersehen haben muß, daß die socialistischen Abgeordneten oft 
und lange genug gesprochen haben, hat sich ein fortschrittlicher Abgeordneter 
der Mühe unterzogen, die Zahl und Länge der Reden in ein Verhältniß zur 
numerischen Stärke der einzelnen Parteien zu bringen, und dabei gefunden, 
daß die Vertreter der Socialdemokratie im Parlamente öfter und länger ge- 
sprochen, als ihnen ihre Anzahl eigentlich gestattet haben würde. Uebrigens 
wird wahrlich nicht behauptet werden können, daß das Haus es an Nachsicht 
gegen die socialistischen Redner habe fehlen lassen. 
29. Mai. (Deutsches Reich.) Bundesrath: lehnt den vom 
Reichstage beschlossenen Gefetzesentwurf bezüglich des Zeugnißzwangs, 
nach welchem die Maximaldauer der Zeugnißzwangshaft von sechs 
Wochen, resp. sechs Monaten, aus dem am 1. Oktober 1879 in Kraft 
tretenden Strafprozeßgesetze anticipirt werden sollte, mit allen gegen 
1 Stimme ab. 
1. Juni. (Preußen.) Das Fuldaer Domcapitel legt bei der 
k. Regierung Protest ein gegen das längere Verbleiben des Seminar- 
directors Schröter, der sich kürglich, obgleich er katholischer Priester 
ist, verheirathet hat. 
1. Juni. (Bayern.) Das Bamberger Domcapitel votirt dem 
neuen Erzbischof Schreiber, der dem extrem ultramontanen Wesen 
entschieden abhold ist und daher auch mit der Regierung in Frieden 
lebt, gegenüber den Angriffen von Seiten der ultr. „Deutschen Reichs- 
zeitung", der „Pfälzer Zeitung“ und einiger bayerischer clericaler 
Blätter, einstimmig seine innigste Anhänglichkeit. Zugleich spricht 
es schriftlich seine entschiedene „Indignation“ aus über die vielen 
„Unwahrheiten“ u. s. w., die man gegen ihren Oberhirten in der 
Presse böswillig zu verbreiten suche. Es ist diese einstimmige Er- 
klärung um so schwerwiegender, als das Domcapitel aus den hete- 
rogensten Elementen besteht und den ganzen Clerus mit verschwin- 
dender Ausnahme hinter sich hat. 
1. Juni. (Bayern.) Der Magistrat von München verweigert 
als Oberpolizeibehörde die vom Ordinariat des Erzbisthums Mün- 
chen-Freising nachgesuchte Erlaubniß zu Abhaltung einer öffentlichen 
Procession zur Feier des Jubiläums des Papstes und zwar aus- 
drücklich, weil die Vergleichung des deutschen Kaisers oder des Reichs- 
kanzlers mit Attila seitens des Papstes ein Schlag in's Gesicht der 
deutschen Nation gewesen sei. — In Preußen werden alle öffentlichen 
Festlichkeiten zu Ehren des päpstlichen Bischofsjubiläums durch gene- 
relle Weisung der Regierung verboten. 
3. Juni. (Elsaß-Lothringen.) Der elsässische Reichstags-
	        
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