Full text: Landeskunde des Königreiches Sachsen. Ausgabe A.

insonderheit eine feste Wehr des Elbtales zu werden. Als solche 
hat er bisher für uneinnehmbar gegolten; denn auf drei Seiten setzt 
er einem feindlichen Ansturm unersteigliche Steinwände, auf der 
vierten aber kugelfeste Bastionen entgegen. Der Kranz, den wir an 
der Mauerbrüstung eingemeißelt finden, ist ein beredtes Sinnbild, 
daß er noch niemals bezwungen wurde. Da aber die Trag= und 
Schlagkraft der Geschütze in unserer militärischen Gegenwart eine 
viel größere geworden ist, bleibt nicht ausgeschlossen, daß er von 
einem geeigneten Standpunkte aus einem vernichtenden Feuer unter- 
liegen könnte. Es wird daher an seiner weiteren Verstärkung immer 
wieder von neuem gearbeitet, damit er für alle Fälle ein Schutz und 
Trutz des Vaterlandes bleibe. Seine eigentliche Aufgabe aber wird 
er darin zu lösen haben, das Elbtal zu decken, das ja mit seinem 
reichen Verkehr eine Lebensader unseres Vaterlandes geworden ist. 
Wehe darum dem Feinde, der es wagen sollte, an oder auf diesem 
Strome in das Herz unseres Landes zu dringen! Die Feuerschlünde 
würden ihm einen üblen Empfang bereiten! Uber seinem Haupte 
würden die Feuerblitze zucken, und der Donner der Geschütze würde 
durch die Berge rollen! Wenn wir daher auch unserem Königsteine 
den gewichtigen Namen einer Festung nicht zusprechen können, so 
wird er doch als Sperrfeste sicher einen hohenmilitärischen 
Wert behalten. 
6. Hat sich auch der Königstein noch nicht im Feuer eines 
feindlichen Angriffs bewährt, so ist er dessen ungeachtet doch ein 
Zeuge der wechselvollen Geschichte unseres Vaterlandes 
gewesen. Zwei geschichtliche Ereignisse aber verdienen im Auschluß an 
die Feste unseres Landes vor allem hervorgehoben zu werden, von 
denen das eine eine traurige, das andere eine freudige Erinnerung 
in uns erweckt. Dem Königsteine gegenüber hatte am Aufange des 
Siebenjährigen Krieges die sächsische Armee ein Feldlager bezogen. 
Die Preußen aber umzingelten das Heer von allen Seiten so voll- 
ständig, daß ihm alle Zufuhr von Lebensmitteln abgeschnitten wurde. 
Vom Hunger geschwächt und von Kälte gequält, mußten sich nun 
die sächsischen Truppen dem stärkeren Gegner ergeben. Oben auf 
dem Königsteine stand der Kurfürst Friedrich Angust II. und mußte 
mit Trauer in der Seele sehen, wie seine treuen Regimenter die 
Waffen streckten. — Aber derselbe Königstein ist später auch wieder 
ein Zeuge hoher Ehren der sächsischen Waffen geworden. Denn als 
unsere braven Truppen im Jahre 1870 mit über die französische 
Grenze marschiert waren, griffen sie tapfer die Reihen des fran- 
zösischen Heeres an und nahmen die geschlagenen Gegner in hellen 
Haufen gefangen. Jeder Tag brachte damals neue Züge Kriegs- 
gefangener nach Sachsen, für die sich unter anderen auch das Tor 
des Königsteins öffnete, in dessen Kasematten sie in sicherem Ge- 
wahrsame blieben. Damals konnte der Königstein mit Stolz auf 
Sachsens Söhne blicken, seinen alten Schmerz vergessen und in 
Freude wandeln. Auch das Schicksal der Bergfesten ist
	        
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