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und Gärtnerei, Bearbeitung von Erdarten und Steinen
beschäftigen so einen großen Teil der Pirnaer Be-
völkerung.
5. Schließt sich der Erwerb der Bevölkerung an die Lage und
Bodennatur des Ortes an, so knüpft sich die Geschichte des Ortes
im wesentlichen an die Burg, die schon seit alter Zeit den Felsen
deckte. Wie stark sie befestigt war, geht daraus hervor, daß sie dem
mehrfachen Ansturme der Hussiten trotzen konnte, von denen wir
schon wissen, daß sie manche Feste unseres Vaterlandes gebrochen
haben. Was aber der Brandpfeil dieser gefürchteten Feinde nicht
vermochte, das vollbrachte ein zündender Strahl, der aus der Wetter-
wolke auf die Türme niederfuhr und die Burg zerstörte. Nun lagen
die Trümmer fast hundert Jahre lang auf der Sandsteinhöhe, bis
Vater August den Schutt räumen und ein neues Schloß errichten
ließ. Starke Türme ragten damals ans den Mauern auf, feste
Schanzen umgürteten die Schloßgebände, und ein Doppelgraben zog
sich um die Schanzen. Trotß dieser festen Umspannung wurde die
Burg im Jahre 1639 dennoch von den Schweden (unter Baner)
erstürmt, die nun ihre ganze Wut an den unglücklichen Bürgern
der Stadt Pirna kühlten. Die Hänser sanken in Asche, auf offener
Straße wurden die Bürger niedergehauen, selbst schwache Kinder und
Greise wurden nicht geschont, und sogar am Altare der Kirche, zu
dem sich die Verfolgten hilfesuchend geflüchtet, floß das Blut. Um
Geld oder Geständuisse zu erpressen, wurden die Ueberlebenden durch
grausame Martern bis auf den Tod gepeinigt. Das waren Tage
des tiefsten Leides. Heutigentages noch lebt die Erinnerung an
diese Schreckenszeit unter dem Ansdrucke „Pirnaisches Elend“ fort.
Im folgenden Jahrhunderte wurde dann der Sonnenstein noch ein-
mal von den Preußen gestürmt, welche die Außenwerke schleiften.
Und als sich Napoleon I. am Anfange des vorigen Jahrhunderts in
der Dresdner Gegend festsetzen wollte, richtete er den Sonnenstein noch
einmal zu einem Bollwerk ein, ließ die Schanzen besetzen und die
Dächer abdecken, um die Geschosse nach allen Seiten hin richten zu
können. Das war der letzte Kriegssturm, der über das Schloß dieser
Elbstadt branste. Nachdem die Franzosen abgezogen und die Ruinen
der Burg wieder hergestellt waren, zogen Geisteskranke auf den
Sonnenstein. Hier finden die Armen nun durch Wärter sorgsame
Pflege. In den Gärten öffnen sich ihnen frenndliche Spaziergänge,
und kundige Arzte bemühen sich um die Heilung ihres schweren
Leidens. So erfüllt jetzt der Sonnenstein als eine Heil-
stätte für Kranke am Geiste seinen friedlichen Beruf, nach-
dem er früher in kriegerischen Zeiten durch Hussiten
bestürmt, durch Blitzstrahl zerstört, durch Schweden und
Preußen erobert und durch Franzosen besetzt worden war.
6. Von der Terrasse des Sonnensteins wendet sich unser Blick
zuletzt noch nach dem Untergange der Sonne, welche die Baum-