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eine bequeme Einsenkung zwischen ihnen auf, um zwischen den
Wänden in maßvoller Steigung einen bequemen Durchgang auch
für Frachtfuhrwerk zu gewinnen (Paß von Lückendorf). So
bildet die Lansitz südwestlich von Zittau ihre mächtigste
Bodenschwelle aus und zeigt in dem Zusammenschluß eines
Rückens, in der Entwickelung stärkerer Bergseiten, in dem
hohen Aufstreben der Gipfel, in der flacheren Ausweitung
der Fußstufen, in der Verengung der Talgründe und den
breiteren Durchbrüchen der Straßenpässe unverkennbar
die Grundzüge der Gebirgsnatur.
2. Am höchsten gipfelt sich der Zittauer Bergzug an seinem
westlichen Flügel in der Lausche (792 m) auf. Sie führt ihren
Namen nach den sumpfigen Waldwiesen, die sie heute noch auf
böhmischer Seite umsäumen, und drückt durch den Klang desselben
schon hinreichend ihre Verwandtschaft mit der Lausitz aus. Wie
eine Königin erhebt sie sich „auf unvergänglichem Throne“, wenn
wir ihre schlanke Kegelgestalt vom Nordwesten her erblicken. Grüne
Matten mit duftenden Wiesenkräutern umschließen ihren Fuß. Ein
steiniger Pfad, von Stangen umzogen, führt uns durch die Berg-
wiesen hindurch in den frischen Bergwald hinein, der ihren Stein-
leib in anliegendem Faltenwurfe umschließt. Das Rauschen der
Tannenwipfel und Buchenkronen flüstert uns zu, daß schon Jahr-
tansende vorübergezogen, seitdem der Klingsteinkegel die Granit= und
Sandsteinlager durchbrach. Nun tritt die Zickzacklinie des Fußweges
aus dem Waldesdunkel zu der lichten Höhe des Gipfels heraus. Die
freie Wölbung desselben aber trägt neben sächsisch-böhmischen Grenz-
steinen ein geräumiges Gasthaus mit Aussichtsturm, einen Kapellenbau
und eine Verkaufsstelle für böhmische Glaswaren. Welch herrliches
Naturbild breitet sich nun auf der luftigen Höhe vor unseren Blicken
aus! Ragt doch im Südosten in weiter Ferne die Pyramide der
Schneekoppe im Riesengebirge auf, bemerkt doch das scharfe Auge
im Süden den Veitsturm zu Prag, wölben sich doch im Westen die
Höhen des Erzgebirges auf, und blickt doch im Nordosten die schmucke
Gestalt der Landskrone bei Görlitz herauf! Gipfel schließt sich an
Gipfel auf böhmischer Seite zu einer erhebenden Bergwelt zusammen,
und Dorf gliedert sich an Dorf auf sächsischer Seite zu einer meilen-
langen. Hänserlinie! Unter uns wird in dem nahen Waltersdorf,
nach dem ja auch ein Bach der Lausche rinnt, die Wolle gesponnen
und in dem entfernteren Großschönau auf künstlichem Stuhle
(Jacquardstuhl) der Damast selbst für Königstische gewoben. Die
leuchtenden Kirchen und Schulen beider Weberdörfer aber wollen
uns künden, daß am Fuße der Lausche neben dem gewerblichen
anch ein volles geistiges Leben schlägt (Webschule in Großschönan;
in Waltersdorf der Komponist Friedrich Schneider, in Großschönan
der Maler „Schenau“ geboren). Und wenn die reine Bergluft uns
umweht und die Wolken des Himmels unsere Stirne streifen, da
drängt sich uns das Berglied Uhlands auf die Lippen, und wir rufen
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