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mit jugendlicher Lust in die Welt hinaus: „Ich bin vom Berg der
Hirtenknab'.“ — Ja, die Lausche ist die Hochwarte der Lausitz,
ein Klingsteinkegel, fast 800 m über das Meer gehoben,
am Fuße mit Matten, an den Gehängen mit Wald um-
kleidet, auf dem Gipfel mit gastlichen Häusern gekrönt,
ein wundervoller Aussichtsberg, der uus im Süden ein
Heer böhmischer Berge, im Norden ein gewundenes Band
fleißiger Fabrikdörfer erschließt.
3. Am östlichen Fuße der Lausche sind die Bergrücken sanfter
gehoben und die Gipfel flacher gewölbt. Aber wie auch die Höhen
steigen und fallen, sie sind überall mit dichtem Walde bedeckt. Mit
behangenen Armen greifen Fichtengreise ineinander, während das
Jungholz unter ihnen in sperrigen Trieben sproßt. Die Buche richtet
ihre glatten Stämme auf und belaubt ihre breite Krone mit reichem
Blätterschmucke (Buchberg b. d. Lausche). Da lugt das schene Reh
aus niederem Gesträuche hervor, und der Auerhahn nistet versteckt unter
verschlungenem Geäste. Immer wundersamer gestalten sich die Felsen,
je östlicher wir wandern. Da bauen sich Blöcke auf Blöcke zu hohen
Mauern auf, da strecken sich Säulen, da recken sich Türme, da hüllen
sich Steingebilde wie Klosterfrauen in Mäntel ein, und ein dicker
Mönch schreitet wie belebt hinter der Nonne her! Wir sind in den
Nonnenfelsen, die uns ein Stück Sächsischer Schweiz in der Lausitz
enthüllen. Wo sich aber die Felsenwände zu erdrückender Enge
nähern und Stufen durch die schmale Gasse leiten, da haben sie
den bezeichnenden Namen „Nonnenklunsen“ (Felsenengen) er-
halten. Frisches Waldwasser rieselt behende über klaren Sand in
das weite Tal hinaus. In diesem reihen sich Wohn= und Gast-
hänser zu dem langgezogenen Jonsdorf zusammen. Dort breitet der
Bleicher sein Garn auf ansteigender Wiesenfläche ans. Der Bach
netzt es mit Wasser, und die Sonne trocknet es mit ihren heißen
Strahlen. Auf der Ostseite des Tales steigt der Jonsberg mit
kräftigem Rücken auf. Sein Wald wird von stillen, lauschigen
Wegen durchkreuzt. Hier, wo das klare Bergwasser plätschert;
hier, wo die reine Bergluft weht; hier, wo wunderbare
Bergformen unsere Einbildungskraft wecken; hier, wo ein
betriebsames Völkchen auf Bleichen und im Steinbruche
(Jonsdorfer Mühlsteinbrüche) sich müht: sind auch gast-
liche Häuser für Sommerfrischler geöffnet, die im Bade
Jonsdorf Erholung und Stärkung suchen.
4. Verlassen wir das friedliche Bad und wenden wir uns weiter
in südöstlicher Wanderung, so steigt bald als zweiter Riese des
Zittauer Bergzuges der Hochwald vor unserm staunenden Auge auf.
In breiten Stufen hebt er sich mächtig über seine niedere Umgebung
(752 m) und rundet sich zu einer felsigen Kuppe aus Klingstein ab.
Auf einer Bergschulter liegt das kleine Dorf Hain mit seinen
dürftigen Hütten, der höchste Ort der Lausitz, von dem im Winter
der Hörnerschlitten pfeilschnell zur Tiefe saust. Wir treten in den