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III. Lehrstunde:
Dem Gebiete der Neiße fügen wir in der heutigen Besprechung
das Spreegebiet an, das die mittlere Landschaft der
Lausitz Sachsens umfafßt.
1. Suchen wir die Quellstätte der Spree auf, so werden wir
zu dem Rabenbrunnen am Nordwesthange des Kottmar geführt.
Auf dem Rücken dieses Berges schritt nach wendischer Sage die
Göttin Mara dahin, um die Fluren mit Fruchtbarkeit zu segnen.
Ein Segensquell der Lausitz ist nun auch die Spree in der Tat
geworden. Der klare Quellabfluß vereinigt sich bald mit anderen
Fließen, von denen das eine aus einem überbauten Brunnen in
Sprcedorf kommt, und bildet nach dem Westen hin ein anmutiges
Obertal. In ihm wechselt fortwährend Klarheit und Trübung des
Wassers. Denn in Neugersdorf und Ebersbach werden die Abflüsse
der Färbereien in die Quelladern geleitet. Im Parke zu Frieders-
dorf aber reinigt sich der Fluß an blumigen Wiesen wieder. Bei
Spremberg und Neusalza verunreinigen ihn dann die Druckereien
aufs neue, und mit trübem Blicke zieht er bis Sohland dahin.
Hier wendet er sich mit Entschiedenheit nach Norden und wandelt
so sein Längs= in ein Quertal um. Der vielfach gewundene Lauf
des Flusses, den unsere Karte zeigt, drückt genügend aus, welche
Mühe es ihm kostet, hier den Granit zu durchbrechen. Durch diese
OQuerspalte aber ist schon in frühen Tagen der Verkehr zwischen
Böhmen und Sachsen talauf- und talabwärts gezogen. Auch eine
Raubburg suchte bei Kirschan den Warendurchzug zu hemmen.
Mit angsterfülltem Herzen zogen damals die Kaufleute an der Feste
vorüber, bis es den Sechsstädten gelang, auch dieses Raubnest zu
zerstören (1352). Jetzt ragen nur noch die Trümmer der gebrochenen
Burg am Spreeflusse auf, und „nicht fürchtet der Schwache, der
Friedliche mehr, des Mächtigen Beute zu werden“. Der eiserne
Speer ist der Sense gewichen, unter der die Halme sinken. Den
tödlichen Pfeil hat das Schiffchen verdrängt, das in der Hütte des
Webers fliegt. Unangefochten führt jetzt die Südlausitzer Bahn die
Waren durch das Tal, welche die betriebsamen Oberdörfer erzeugen.
Landwirtschaft und Weberei beleben auch den Ort Schirgiswalde
(3¼ T.), eine katholische Stadt, die erst im Jahre 1845 bestimmt
zum Königreiche Sachsen geschlagen wurde. Die Spree entspringt
also auf dem Kottmar, sammelt ihre Fließe in Ebersbach,
badet ihre Flut im Parke zu Friedersdorf, trübt sie
wieder bei Spremberg und Neusalza, biegt bei Sohland
in ein Ouertal ein, und zieht dann an der katholischen
Stadt Schirgiswalde und an den Ruinen von Kirschau
vorüber.
2. Dieser Oberlauf der Spree umfließt zwei alte Götterberge,
die zu den höchsten und schönsten der mittleren Lausitz gehören. Der
Bieleboh ist der niedere Berg (483 m) des Südens und baut sich
in milderen Formen auf. Am Fuße das Fruchtfeld, au den Gehängen