Full text: Landeskunde des Königreiches Sachsen. Ausgabe A.

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der wüsten Waldung, und die Nacht brach über ihn herein. Da 
erschien ihm die Jungfrau Maria als erbetene Retterin, und ein 
Stern über ihrem Haupte zeigte dem Erschöpften den Ausweg aus 
der Wildnis. Au dieser Stätte der wunderbaren Erscheinung ließ 
der Gerettete den Wald roden und aus Dankbarkeit das Kloster 
Marienstern errichten. Zuverlässiger als die Sage erzählt uns die 
Geschichte, daß das Kloster im Jahre 1264 von drei Brüdern ge— 
gründet worden sei. Auch in Marienstern leben 30 bis 40 Nonnen 
desselben Ordens wie in Marienthal hinter den Mauern. In 
frommer Andacht und christlicher Liebestätigkeit verbringen sie ihre 
Tage. Besonders nehmen sie sich auch der Erziehung katholischer 
Mädchen aus der Umgegend an, die sie unentgeltlich unterrichten. 
Unter den Gebänden tritt die Klosterkirche mit dem marmornen 
Hochaltare hervor, den die Standbilder der 12 Apostel zieren. Das 
Wohnhaus der Nonnen wird von einem Garten, alle Klostergebäude 
werden von einer Mauer umschlossen. Zu dem Kloster gehören 
außer dem fischreichen Wasser, das nun mit Recht das Kloster- 
wasser heißt, unter anderm auch eine Anzahl Dörfer bei Bernstadt 
an der Pließnitz, die den „Eigenschen Kreis“ bilden. Die 
Umgebung des Klosters ist äußerst fruchtbar. Zahlreiche Dörfer 
liegen auf der benachbarten Feld= und Wiesenflur, und die Anwohner 
sind als behäbige „Klosterbauern" bekannt. Auf schmucken 
Rossen, mit Bändern geschmückt, kommen die Bauernsöhne am 
Östertage nach altem Brauche zum Kloster geritten. Sie singen ein 
wendisches Lied und umreiten dreimal den Klosterhof. Dann wird 
den Reitern aus einem Kruge ein Trank Klosterbieres gespendet. 
Ist der Krug geleert, so sprengen die Reiter zum Tore hinaus und 
umreiten die Saat, die eben zu grünen beginnt, um dort mit der 
Menge für fruchtbaren Früh= und Spatregen zu bitten. Diese 
wendische Sitte wird das Oster= oder Saatreiten genannt und 
soll ausdrücken, daß die kräftigen Reiter das Kloster schützen und 
ihre Saat unter den Schutz Gottes stellen wollen. Das Kloster 
Marienstern wurde also im 13. Jahrhunderte gegründet, 
umschließt — wie Marienthal — etwa 40 Nonnen, hat 
einen umfangreichen Grundbesitz, eine fruchtbare Umgebung 
und bewahrt den alten Gebrauch des Saatreitens unter 
den Klosterbauern. 
(. Westlich vom Sibyllensteine quillt aus feuchter Waldniederung 
(des Tannenberges) die Pulsnitz hervor. Sie folgt der Richtung 
des Höhenzuges und wendet sich nach Nordwesten. Seit früher 
Zeit schon hat man sie als eine natürliche Wassergrenze der Lausitz 
betrachtet. Nicht weit von dem waldigen Quellgebiete legt sich die 
Stadt Pulsnitz (fast 4 T.) in das obere Flußtal ein. Auch hier 
und in den benachbarten Dörfern (Großröhrsdorf) klappert der 
Webstuhl, um aus Leingarn und Baumwolle weiße und bunte 
Bänder, Schnuren und grobe Leinwand für Säcke und dichtere für 
Segeltuch zu weben. Einen besonderen Ruf hat sich die Stadt anch
	        
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