Full text: Landeskunde des Königreiches Sachsen. Ausgabe A.

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zu gute, die hier in einer Anstalt untergebracht worden sind, im 
Winter Draht flechten und im Sommier in der Ernte helfen, sondern 
auch den Ferienkolonien, die von hier aus auf die Höhe steigen, und 
den Sommergästen, die das Bad des Ortes benutzen. An Wiesen- 
gehängen dahin leitet uns dann ein Fußpfad unter Büschen nach 
dem benachbarten Berggießhübel (1½ T.). Schon unser Lieder- 
dichter Gellert liebte diesen Pfad, der nun nach ihm (und Rabener) 
„Poetengang"“ genannt wird und alle Naturfreunde mit den Worten 
der Steinschrift zum gleichen Genusse ladet: „Willkommen, Freund, 
in dem Poetengang! Erholung und Schatten findest du hier!“ 
Die Gruben bei Berggießhübel (Ort Gießhübel) liefern ein gutes 
Eisenerz, das schon in den Zeiten Ottos des Reichen hier „in den 
Bergen gegossen“ worden sein soll und noch heute in einem gewaltigen 
Hochofen geschmolzen und weiter zu Stahl verarbeitet wird. Da 
auch eine eisenhaltige Quelle aus dem Boden fließt, so ist in der 
Nähe des Ortes das Johaungeorgenbad angelegt worden, 
dessen Heilkraft die gesundende Höhenluft noch unterstützt. Ehe die 
Gottleuba aus dem Gebirge fließt, halten wir sie als 
einen munteren Fluß fest, dessen schönes Naturtal mit 
Berg und Wald, mit Luft und Wasser auch dichterische 
und werktätige Seiten des Lebens vereint. 
Schlußzusammenfassung: Uberschauen wir am Schlusse 
noch einmal diese fünf besprochenen östlichen Gebirgstäler auf der 
Karte, so werden wir bald ein bestimmtes Gesetz über Richtung 
und Länge ihres Laufes erkennen. Während nämlich der mittelste 
dieser fünf Gebirgsflüsse, die rote Weißeritz, eine nördliche Richtung 
innerhalb des Gebirges zeigt, wenden sich die beiden linksseitigen 
nach Nordwesten, die beiden rechtsseitigen aber nach Nordosten. 
Bedenken wir ferner, daß der Kamm des Erzgebirges nach Nordosten 
strebt, die Elblinie aber nach Nordwesten streicht, so schließen Gebirgs- 
und Stromlinie ein Gebirgsdreieck ein, dessen Spitze sich nach Osten 
kehrt, so daß die fünf Flüsse nach dieser Seite hin immer kürzer werden 
müssen. Fassen wir aber die Eigenart derselben ins Auge, so er- 
blicken wir in der Freiberger Mulde vor allem einen Fluß der 
Wiesen (Mulda), in der Wilden Weißeritz einen Fluß der Wälder 
(Tharandt), in der Roten Weißeritz einen Fluß der Felder (Dippoldis- 
walde), in der Müglitz einen Fluß der Burgen (Lauenstein, Bären- 
stein, Weesenstein, Dohna) und in der Gottlenba einen Fluß der 
Berge und Bäder mit Eisen in den Tiefen und reiner Luft auf 
den Höhen (Berggießhübel). 
IV. Lehrgedicht: (Inschrift einer Gedenktafel am Poetengange.) 
„Der Sänger frommen Lieds, der heitre Fabeldichter 
Und Dentschlands Juvenal, der seine Sittenrichter, 
Sie pflegten hier zu ruhn, nach Zwiesprach ernst und trant. 
Noch tönet Gellerts Ruhm, noch Rabners Name lant. 
Auf ihrem Schattensitz laßt ihrem Angedenken 
Uns treue Dankbarkeit zur Ehre Deutschlands schenken."“ 
 
	        
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