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12. Die Verlktehrswege des Erzgebirges.
I. Lehrmittel: Karte von Sachsen. Gebauer, Bilder. Berlet, Wegweiser.
M. v. Süßmilch, das Erzgebirge. Metzner, das Erzgebirge. Wiechel,
die ältesten Wege in Sachsen.
II. Lehrgang: 1. Der frühere Mangel an Verkehrswegen. 2. Die natür-
lichen Ankuüpfungspunkte der Verkehrswege. 3. Die Verkehrsstraßen
im allgemeinen. 4. Einzelne Verkehrsstraßen im besonderen. 5. Der
Bahnverkehr.
III. Lehrstunde:
Heute wollen wir die wichtigsten Verkehrswege
kennen zu lernen suchen, welche das Erzgebirge durch-
ziehen.
1. In früheren Jahrhunderten gab es im Erzgebirge keine
sicheren Wege und Stege. Ungebändigt schossen die Wasser von
den Bergen nieder. Weite Strecken wurden von Sümpfen und
moorigen Tümpeln überzogen, „darinnen nicht nur Lastwagen, sondern
auch Menschen und Vieh versanken, hingegen die wilde San sich
gebadet, die Bären abgekühlet, die Hirsche und Wölfe sich gesuhlet
haben“. Dichte Wälder umschlossen Tal und Höhen. Das ganze
Gebirge war eine schreckliche „Wüstung"“. Dazu kamen „so viel
grimmiger, reißender Tiere, die sich in einem so alten und ranhen,
unbewohnten Waldgebirge unzählig vermehrten. Die Einsamkeit selbst
in einer so ungeheuren, unbewohnten Wildnis erweiset, daß dieses
alte Gebirge fast allen fürf Sinnen des Menschen verdrießlich gefallen.“
Das ist ein düsteres Bild, welches cinc alte Vater-
landskunde (Histor. Schauplatz des Meißuer Ober-Erz-Gebirges,
1699) von der Unwegsamkeit und Unwirtlichkeit unseres
Gebirges entwirft. Welche Mühe und Ausdauer hat es da
gekostet, die Wasser zu regeln, den Wald zu lichten, das
Wild zu erlegen und Wege durch die „Wüstung" zu bahnen!
2. Wehrten schon Wasser und Weichland, Wald, Wüstung und
Wild dem Vordringen der Anwohner in das Innere des Gebirges,
so schien sich dieses in seinem mächtigen Aufban selbst geradezu als
eine unübersteigliche Schranke zwischen Sachsen und Böhmen
aufzurichten. Dennoch bietet die Natur der Gebirgsgliederung von
selbst einige Anknüpfungspunkte zur Anlage von Verkehrswegen
zwischen diesen Nachbarländern dar. Zunächst löst sich der Südhang
des Erzgebirges, welches vom Eger= und Bielatal her wie ein
undurchdringlicher Wall aufzusteigen scheint, bei unserer Annäherung
in eine Reihe einzelner Bergkuppen und Vorsprünge auf,
die durch Talsenkungen voneinander getrennt werden und
dadurch selbst zum Eindringen auffordern. Ferner ist der Rücken
unseres Gebirges nicht ein steil aufgerichteter und scharfgeschlossener
First, sondern vielmehr eine sauft gewölbte Fläche, in der flache
Einsattelungen als Pässe dienen. Solche Ubergänge werdet ihr
selbst bestimmen können, wenn ihr auf unserer Karte die Straßen