Full text: Landeskunde des Königreiches Sachsen. Ausgabe A.

— 73 — 
die in der Stadt eine „goldene Westenzeit“ hervorriefen. Gegen- 
wärtig aber webt sie namentlich Kleider= und Mäntelstoffe aus 
Wolle oder Baumwolle, mit Seide gemischt. Dabei sucht sie durch 
verschiedene Stärke des Fadens, durch neue Farbentöne des Garns, 
durch Einwebung von Linien-, Ranken= oder Blumenmustern den 
Stoffen eine wechselnde Schönheit zu geben, um sich allezeit den 
Wünschen anzupassen, welche die Mode verschiedener Völker von 
Jahr zu Jahr an die Fabriken stellt. Wenn ihr nun bedenkt, wie 
schwankend der Geschmack der Käufer ist, ferner dazunehmt, wie 
immer neue Fabriken ähnlicher Art innerhalb und außerhalb Sach- 
sens entstehen, oder wie schnell ein Krieg einmal die Abnahme der 
Stosfe unterbricht, so werdet ihr euch nicht mehr wundern, wenn 
das Webgeschäft in Glauchau bald schwunghaft, bald flauer geht, 
oder wenn die Zahl der Bewohner ein unsicheres Steigen oder Fallen 
zeigt. So haben wir in Glauchau (25 T.) eine Stadt 
gefunden, die früher besonders Tuch, Leinen und halb- 
wollene Westenstoffe webte, jetzt durch Kunstweberei 
aber vorzugsweise Stoffe für Damenkleider und 
Mäntel erzeugt. 
3. Die zweite Stadt, welche wir im westlichen Kohlenbecken auf- 
suchen, ist Mecrane, die Nachbarin Glauchaus. Wir finden sie auf 
unserer Karte nordwestlich von ihr an der sächsischen Landesgrenze. 
Leicht ist es uns daher, die Bedeutung ihres Namens als „Grenz- 
stadt“ einzuprägen. Der Grund und Boden dieses Ortes hebt und 
senkt sich wie derjenige Glauchaus. Aber es fehlt ihm die frische 
Belaubung der Gründe und das lebensvolle Grün, welches sich 
in Gruppen und Kränzen zwischen die Häuserreihen windet. Auch 
zwei Wasserfäden durchziehen den Ort wie in Glauchau. Aber es 
fehlt ihnen die Klarheit und Fülle; es sind nur schwache Bäche, die 
sich innerhalb des Ortes vereinigen und nach der Pleiße gehen. 
Auch Villen besitzt die Stadt und einzelne Gartenhäuser. Aber sie 
durchdringen den Ort nicht, wie bei Glauchau, sondern bilden mehr 
einen Saum, der sich nach dem Bahnhofe der Stadt hinzieht. 
Denn die eigentliche Stadt erscheint nur als eine düstere Masse ein- 
förmiger, nüchterner Steinbauten, über die sich gegen hundert Fabrik- 
schlote als Wahrzeichen des Ortes erheben. Den Wohnhäusern aber 
fehlt die Anmut der Ausschmückung; sie sollen ja nur vorzugsweise 
dem Wohnbedürfnisse der wachsenden Fabrikbevölkerung dienen. Den 
Straßen fehlt die freie Flucht und breite Bahn; sie werden ja oft 
genug durch hervorspringende, ältere Gebäude verengt. Mag nun 
auch immerhin Meerane früher eine stattliche, wenigstens durch Tore 
befestigte Stadt gewesen sein, die selbst vorübergehend einem Böhmen- 
könige (Wladislaw 1174) zur Residenz diente, gegenwärtig ist 
sie nur als Sitz einer schwunghaften Fabriktätigkeit 
und feste Burg einer fleißigen, aber auch unruhigen 
Spinner= und Weberbevölkerung bedeutsam, deren 
Zahl diejenige Glauchaus fast erreicht (24 T.).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.