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Oesterrtich
3. d. M. erstaitet Feldmarschall v. Heß einen neuen Bericht der Finanze
commission über das Kriegs= und Marinebudget, der sehr kurz gefaßt ist:
„Der Finanzcommission ist von den Vertretern der kais. Regierung mitgetheilt
worden, daß es derselben in Erwägung aller Umstände nicht unmöglich
erscheine, den Staatsbedürfnissen im Finanzjahre 1865 zu genügen, wenn für
das Landheer 89,982,772 fl. und für die Kriegsmarine 7,150,800 fl. osterr.
Währung angesetzt würden. Dem hohen Hause kann die Möglichkeit, dem
öffentlichen Schatz eink weitere Erleichterung zuzuwenden, nur willkeommen
sein, und dasselbe dürfte sich in keiner Weise berufsen fühlen, für eine höhere
Summe einzustehen, als jene, welche von der kais. Regterung als schlechthin
nethwendig bezeichnet worden“.
Der Kriegsminister erklärt, daß Se. Maj., in Würdigung der
finanziellen und politischen Lage des Staats, die Herabsetzung der
Druppen in Italien und Dalmalien auf den Friedensfuß angeordnet
und ihm befohlen habe, mit den Ersparungen „bis an die Gränze
des Möglichen“ zu gehen. Der Commissionsantrag, der nunmehr
ganz den bisher bekämpften Beschlüssen des Abg.-Hauses entspricht,
wird ohne Debatte angenommen und auch gleich das Finanzgesetz in
zweiter und dritter Lesung angenommen.
7. Juli. Reichsrath: Herrenhaus. Graf Leo Thun trägt in längerer
Rede („Man stehe vor dem Dilemma: entweder auf constitutionellem,
parlamentarischem Wege zu Grunde zu gehen oder auf anderem Wege
die Reitung suchen zu müssen") darauf an, das am 6. d. M. be-
schlossene Finanzgesetz mit folgender Resolution zu begleiten:
„Das Herrenhaus, auerkennend, daß es mit Rücksicht einerseits auf die
den Staatsgläubigern gegenüber eingegangenen Verpflichtungen und anderer-
seits auf den für alle Zweige der Staatsverwaltung durch die bestehenden
Eimichtungen bedingten Aufwand unvermeidlich ist, in den Staatsvoranschlag
für das dereits zur Hälfte abgelaufene Jahr die Staatsausgaben abermals
mit einem Betrage einzustellen, welcher in den Einnahmen seine volle Bedeck-
ung nicht findet, sieht sich bemüßig!, gleichzeitig seine Ueberzeugung bezüglich
der hiedurch begründeren Finanzlage im Nachstehenden auszusprechen: 1) Eine
Steigerung der Staatseinnahmen über den gegenwärtig veran-
schlagten Betrag derselben kann im Wege der Steuergesehekung. nicht mehr
bewirkt werden; die Herstellung des Gleichgewichts zwischen Einnahmen und
Ausgahen ist demnach vor allem dadurch beringt, daß die jährlich wiederkehr-
enden Ausgaben mindestens zu dem erwähnten Betrage der Einnahmen
berabgemindert werden.2) Dieses Ziel kann nicht durch bloße Abstriche an
den Kosten der bestehenden Einrichtungen der Berwaltung und des Heer-
wesens erreicht werden, sondern die Erreichung desselben ist von der Mög-
lichkeit und Durchführung wesentlicher Aenderungen dieser
Einrichtungen abhängig. 3) Eine fernere Benützung des Credits zur
Bedeckung jährlich wiederkehrender Ausgaben läßt sich nur rechtsertigen, wenn
sie sich als das Mittel darstellt, um es msglich zu machen, daß an dem an-
gedeuteten Wege das Gleichgewicht zwischen Einnahme und Ausgabe in naher
Zukunft noch hergestellt werde, und das Herrenhaus spricht daher die Erwar-
tung aus, daß die Regierung dem Reichsrath die Zumuthung, einem den an-
Fkruteten Voraussetzungen nicht entsprechenden Shntsvoanfelage seine Zu-
immung zu ertheilen, nicht mehr machen werde, ohne nachzuweisen, ob und
wie der erwähnten V# unforderung entsprochen werden könne“.
Das Haus beschließt, den Antrag vorerst doch an eine Siebner-
Commission zu weisen.