Full text: Europäischer Geschichtskalender. Sechster Jahrgang. 1865. (6)

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sicht bin, daß nun nach dem Schluß des Kriegs die allgemeine Regierun 
das Wahlrecht der Einzelstaaten abändern darf, ist es nicht minder klar, daß 
den Befreiten Sicherheit der Person und des Eigenthums, das Recht der Ar- 
beit und das Recht, für ihre Arbeil Lohn zu verlangen, gewährt werden 
muß. Möge der Parteigeist dieser Frage fern bleiben. Wir dürfen nicht 
voreiligerweise ven ciner Unmöglichkeit des Zusammenlebens der beiden Racen 
reden. Laßt uns einen Versuch machen, und nicht zu früh den Muth ver- 
lieren. Dem Lande thun die Arbeitskräfte noth, den Befreiten Arbeit, Bil- 
dung und Schutz. Während das Recht freiwilliger Auswanderung oder 
Ortsveränderung ihnen nicht bestritten werden darf, möchte ich eine zwangs- 
weise Entsernung und Colonisirung nicht anrathen.. Das öffentliche In- 
teresse wird am sichersten befördert werden, wenn die einzelnen Staaten den 
Befreiten angemessenen Schutz angedeihen lassen. Bis dieß geschieht, darf 
man ein Fehlschlagen der Versuche nicht den Negern zur Last legen. Ich 
weiß, daß aufrichtige Philanthropen die fernstliegenden Ziele gern gleich erreichen 
möchten; die Zeit aber ist stets ein Element der Reform. Cs ist eine der 
größten Thaten der Geschichte, daß vier Millionen Menschen der Freiheit zu- 
geführt worden sind. Die Bahn freier Arbeit muß ihnen eröffnet werden, 
und dann muß ihr ferneres Wohlergehen hauptsächlich von ihnen selbst ab- 
ängen.. 
wergeui- Arbeit gegen Sclavenarbeit. „Nun die Sclaverei vernichtet 
ist, tritt die Größe des Uebels in staatsöconomischer Hinsicht immer klarer 
zu Tage. Die Sclaverei war ihrem Wesen nach ein Arbeitsmonopol, und 
verlegte somit der freien Industrie den Weg. Mit der Aushebung des Mo- 
nopols aber nird freie Arbeit aus allen Theilen der civilisirten Welt her- 
zueilen. Die acht oder neun Staaten, welche dem mexicanischen Meerbusen 
zunächst liegen, sind mit einem Boden von üppigster Fruchtbarkeit und einem 
langer Lebens dauer freundlichen Klima gesegnet, und können einer dichteren 
Bevölkerung Raum bieten, als sie bisher in irgend einem Theil unseres 
Landes zu finden ist. Und die fernere Einwanderung wird sich hauptsächlich 
aut dem Norden oder aus den bivilisirtesten Ländern Europa's dorthin 
ziehen. 
„Unsere Regierung hat ihren Ursprung im Volke, und für das Volk ist 
sie gemacht, nicht das Volk für die Regierung. Wegen ihres Ursprungs 
sollte sie allen Versuchen, Bevorzugungen herzustellen, entgegentreten. Be- 
günstigte Classen oder Monopole dürfen nicht existiren; das Princip unserer 
Regierung ist Eleichheit der Gesetze und Freiheit der Erwerbsthätigkeit. 
Auf den inneren Handelsverkehr übergehend empfiehlt der Präsident die 
Herstellung freiesten Verkehrs zwischen den einzelnen Staaten, die Beseitigung 
aller Schranken, welche dem Personcn= oder Waarentransitr entgegengestellt 
werden; erwähnt dann den Bericht des Ministers des Innern bezüglich der 
Lbtichen Ländereien, und preist die wohlthätigen Wirkungen der Home- 
ead Act. ... 
Die Flotte und die Armee. Der Prösident berichtet, daß die Flotte 
im Anfang des Jahres 530 Schiffe mit 3000 Kanonen und 51,000 Mann 
gezählt habe, und jetzt auf 117 Schisse mit 830 Kanonen und 12,218 
Mann reducirt sei. Seit der Beendigung der Feindseligkeiten seien auch die 
im Ausland stationirten Geschwader wieder verstärkt und mit bessern Schiffen 
versehen worden. Die anempfohlene Erweiterung ber Schiffswerfte verdiene 
Berücksichtigung. Die Militärmacht der Nation babe am 1. Mai d. J. 
1,000,516 Mann gezählt. Der Friedensfuß möge auf 50,000 Mann aller 
Wassengattungen sirirt werden, und so organistirt sein, daß er im Nothfall 
jederzeit auf d2,000 Mann gesteigert werden könne. Das Derpartement gehe 
mit der Reduction schnell voran, 800,000 Freiwillige seien bereits entlassen; 
das Kriegsbudget sei von 516,240,131 Dollar auf 33,814,461 Dollar re- 
rirt.