124 Preußen und der norddeutsche Bund.
Auf beiden Gebieten sind nunmehr gleichzeitig und regelmäßig die wesent-
lichen Forderungen zu erstreben, welche die allein sichere Grundlage des
öffentlichen Rechtes gewähren. Namentlich und vor Allem ist das Budget-
recht zu vervollständigen, damit der Volksvertretung der volle Einfluß auf
die Staatsgeschäfte zufalle. Nicht minder dringend sind Gesetze, welche eine
wirksame Verantwortlichkeit für die Minister und alle Beamten herbeiführen,
auf der juristischen Grundlage, daß Jedermann für seine Handlungen ein-
zustehen habe. Im Bunde ist überdieß für eine vollständigere Repräsentation
der verantwortlichen Träger der Regierungsgewalt zu sorgen, und ihr Ver-
hältniß zu den Regierungen der Einzelstaaten zu klären. Wir schulden den
neuen Provinzen, welche in Justiz und Verwaltung mancher Vorzüge sich
erfreuen, den Schutz dieser Institutionen, die unmöglich durch mangelhafte
altpreußische Einrichtungen ersetzt werden dürfen. Die Gleichmäßigkeit ist
vielmehr zu bewirken, indem wir ihnen folgen, wo sie uns voran sind,.
Dem ganzen Deutschland schuldet Preußen das gute Beispiel in Gesetz und
Verwaltung, soweit beide den Einzelnstaaten vorbehalten sind, denn die Zu-
kunft des gesammten Vaterlandes hängt von diesem Beispiele ab. Nach wie
vor verlangen wir die Ausführung ber in der Verfassung verheißenen Gesetze
und die Reform des Herrenhauses als Vorbedingung aller Resormen. Für
die Ehre und Machtstellung des Vaterlandes werden wir ferner in gleichem
Sinne handeln, doch spornen die Lasten der chronischen Kriegsbereitschaft uns
an, die neuen Zustände in Deutschland schnell zu befestigen, um bald, jeden-
falls nicht später als mit dem Ende des Provisoriums, zu der so noth-
wendigen Sparsamkeit eines wirklichen Militär-Friedensetats zu gelangen.
Inzwischen muß die in der Reichsverfassung zugesicherte Verkürzung der
Kriegsdienstpflicht bis zum vollendeten 32. Lebensjahre schnell verwirklicht
und auf jede mögliche andere Entlastung hingewirkt werden.“
15. Juni. (Preußen). Die Mitglieder der Reichswahlbezirke bei den
letzten Reichstagswahlen in Berlin und die Mitglieder des Vorstandes
der Fortschrittspartei beschließen einen „Wahlverein der deutschen
Fortschrittspartei" zu gründen und verständigen sich vorläufig über
Statuten, nach denen
„die deutsche Fortschrittspartei bei den Grundsätzen und in der Verfolgung
der Aufgaben, welche ihr Programm vom 9. Juni 1861 aufgestellt hat, be-
harrt und in Bezug auf die Reform der Verfassung des norddeutschen Bundes
die Aufgaben der Partei in dem bei der Verhandlung über diese Verfassung
zun Abg.-Hause gestellten Anträge Waldeck -Hoverbeck-Birchow vorgezeichnet
findet.
Eine von den National-Liberalen vorgeschlagene Verständigung
beider Parteien bezüglich der Wahlen wird von der Fortschritts-
partei abgelehnt.
18. „ (Preußen) verlangt durch eine Note seines Gesandten in Kopen-
hagen von der dänischen Regierung bestimmte Erklärungen über die
für den Fall einer Abtretung Nordschleswigs von Dänemark dem
deutschen Element in demselben zu gewährende Garantie und macht
davon den Umfang der beabsichtigten Abstimmung resp. Abtretung
abhängig:
„Der Unterzeichnete hat den Wunsch seiner Regierung auszudrücken ge-
habt, sich mit dem königl. dänischen Gouvernement in freundschaftlicher Weise
über gewisse Vorfragen zu verständigen, welche die nothwendige Voraus-
setzung der Abtretung eines Theiles des Herzogthums Schleswigs bildeten,
und er hat als diese Vorfragen die nöthigen Garantien für den Schutz der