Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

                     Preußen und der norddeutsche Bund.    125 
in jenem Territorium wohnenden Deutschen und die Uebernahme eines ver- 
hältnißmäßigen Antheils an der Schuldenlast der Herzogthümer bezeichnet. 
Der Herr Conseil-Präsident hat auch die Bereitwilligkeit ausgesprochen, über 
diese Punkte in Verhandlungen zu treten, und die Regierung Sr. Majestät 
des Königs, des allergnädigsten Herrn des Unterzeichneten, durste sich der 
Erwartung hingeben, daß der königl. dänische Gesandte in Berlin in den 
Stand gesetzt werden würde, die Absichten seiner Regierung in beiden Be- 
ziehungen kund zu geben. Zu ihrem lebhaftesten Bedauern hat sie in der 
neuesten Eröffnung des Letzteren, in einer vertraulich mitgetheilten Depesche 
des Herrn Ministers v. Friis an Herrn von Quaade vom 1. d. M. anstatt 
der gehofften bestimmteren Erklärungen nur den Hinweis auf die bestehenden 
Gesetze und Verträge gefunden, welche der Herr Minister für so vollkommen 
ausreichend hält, daß jede weitere Garantie überflüssig und sogar bedenklich 
sein würde. Die Regierung des ganz ergebenst Unterzeichneten glaubt in dieser 
vorläufigen Aeußerung nicht die definitive Auffassung der königl. dänischen 
Regierung erkennen zu sollen. Die letztere wird sich bei näherer Erwägung 
die eigenthümliche Natur der Verhältnisse nicht verhehlen können, welche es 
für die preußische Regierung unmöglich machen, unter den besonderen Um- 
ständen in jenen Landstrichen sich mit dem Hinweis auf die Gesetze und die 
allgemeinen Zusicherungen eines nicht bezweifelten Wohlwollens der königl. 
dänischen Regierung gegen alle ihre eventuellen Unterthanen zu begnügen. 
Sie wird es natürlich finden, daß, wenn Se. Majestät der König sich bereit 
erklärte, etwaige auf eine Wiedervereinigung mit Dänemark gerichtete Wünsche 
nordschleswig'scher Unterthanen in Erfüllung gehen zu lassen, die Wünsche 
und die Bedürfnisse seiner deutschen Unterthanen in jenen Territorien für 
Ihn keine geringere Bedeutung haben. Deutsche Gemeinden wider ihren 
Willen und mit dem Verluste jedes Rechtes auf ihre nationalen Eigenthüm- 
lichkeiten an ein fremdes Land abzutreten und sie Gefahren preiszugeben, 
deren Befürchtung in Erinnerung an die Vergangenheit unter ihnen selbst 
laut genug hervortritt, hat der Prager Friedensvertrag Preußen nicht ver- 
pflichtet. Die königl. Regierung hat eben durch jenen Artikel des Friedens- 
vertrages gezeigt, daß sie auf die Wünsche und auf die Nationalität der 
Bevölkerung nach Möglichkeit Rücksicht nehmen will; sie ist aber dabei ver- 
pflichtet, diese Rücksicht vor Allem den eigenen Landsleuten gegenüber nicht 
außer Augen zu setzen, und sie darf nicht vergessen, daß die Ursachen der 
Störung des in früheren Zeiten bestandenen guten Einvernehmens haupt- 
sächlich in dem Umstande lagen, daß die Regierung Sr. Maj. des Königs 
von Dänemark nach der Umgestaltung der älteren Verfassung der Monarchle 
nicht mehr im Stande war, den deutschen Unterthanen der dänischen Krone 
denselben Schutz ihrer Nationalität und Sprache zu gewähren, dessen die- 
selben sich ehemals erfreut hatten. Die Regierung Sr. Maj. des Königs, 
des a. H. des Unterzeichneten, würde unter der Nachwirkung der Ereignisse 
und Kämpfe der letzten Jahre mehr als früher befürchten müssen, daß die 
Klagen deutscher Elinwohner Schleswigs, welche in Deutschland ihren natür- 
lichen Widerhall fanden, berechtigten Anlaß zu ihrer Wiederholung fänden, 
wenn deutsche Gemeinden im Norden Schleswigs ohne Verfassungs-Bürg- 
schaften der Botmäßigkeit einer Regierung unterstellt würden, welche bei dem 
besten Willen, ihren deutschen Unterthanen gerecht zu werden, doch vor Allem 
dem verfassungsmäßigen Ausdruck der Stimmung einer national-dänischen 
Volksvertretung Rechnung zu tragen hat. Die Regierung Sr. Maj. des 
Königs von Dänemark wird ohne Zweifel die Ueberzeugung des Unterzeich- 
neten theilen, daß es zur Sicherstellung der von beiden Seiten erstrebten 
freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Dänemark rathsam 
ist, nicht von Neuem die Keime ähnlicher Zerwürfnisse zu legen, wie es die- 
jenigen waren, welche früher den Frieden beider Länder und dadurch den 
Europas gefährdeten. Der Unterzeichnete ist daher von seiner Regierung
	        
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