Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

                         Preußen und der norddeutsche Bund. 167 
31. Okt. Conferenz von Geistlichen der verschiedenen lutherischen Landes- 
kirchen Deutschlands zu Hannover gegen die Union. 
„ (Norddeutscher Bund). Der Bundesrath lehnt das vom 
Reichstag aus eigener Initiätive beschlossene Gesetz zu Aufhebung 
der Arbeiter-Coalitions-Beschränkungen ab; über das vom Reichstag 
gegen den Widerstand des Bundeskanzlers modificirte Bundesschulven- 
gesetz wird vorerst ein Beschluß noch ausgesetzt. 
„ (Preußen). Auch die frei-conservative Partei erläßt ein 
Programm: 
„ ... Wir setzen das Vaterland über die Partei, die Nationalinteressen 
über Alles. 
1. Nov. (Sachsen). Eine von allen liberalen Parteischattirungen stark 
besuchte Volksversammlung in Dresden erklärt das allgemeine und 
directe Wahlrecht als allein zeitgemäß und allein gemeingültig, ver- 
wirft das gegenwärtige Ständewesen, als noch dazu, in Folge des 
Verfassungsbruchs vom 3. Juni 1850, nur rechtswidrig bestehend, 
stellt jede Verunstaltung des allgemeinen und directen Wahlrechts 
durch Versagung von Diäten als das Wahlrecht beeinträchtigend dar 
und verlangt eine nach der mustergültigen Reichsverfassung vom 
Jahr 1848 gestaltete Verfassung für das Königreich Sachsen mit 
einer Kammer. 
2„ (Mecklenburg). Die Regierung erläßt ein Gesetz über Militär= 
servis und Eingquartierungslast trotz dem Widerstande des sog. 
Comitial-Convents. 
3. „ (Preußen). Ein kgl. Erlaß an den Ober-Kirchenrath erklärt 
mit Rücksicht auf die Erlasse vom 22.—24. Sept., durch welche die 
Consistorien in den neu erworbenen Landestheilen dem Ober-Kirchen- 
rath nicht unterstellt wurden, zu Vermeidung von Mißdeutungen, 
„daß eine Besorgniß wegen etwaiger Schädigung der Union und der 
Landeskirche in den alten Provinzen, sowohl in ihrer Einheit als auch in 
ihrer Selbstständigkeit, aus diesen Meinen Anordnungen in keiner Weise 
hergeleitet werden darf, und daß es Mein bestimmter Wille ist, eine Rück- 
wirkung daraus auf die kirchlichen Verhältnisse der alten Provinzen nicht 
eintreten zu lassen. Ich gebe Mich vielmehr der Hoffnung hin, daß die 
Vereinigung der evangelischen Kirche unter ihrer eigenen Mitwirkung und 
freien Zustimmung, aus der allein die wahre Union hervorgehen kann, 
immer mehr und mehr erstarken wird, und dieß um so sicherer, je mehr Ich 
Mich auf die vertrauende treue Hingebung aller dabei Betheiligten und dazu 
Berufenen verlassen kann.“ 
4. „ (Sachsen). I. Kammer: Bürgermeister Koch (Leipzig) beantragt 
im. Sinne der weit überwiegenden Mehrheit der öffentlichen Meinung: 
1) Beschränkung der gesetzgeberischen Thätigkeit gegenwärtiger Session auf 
die Ausarbeitung eines neuen Wahlgesetzes und eines Gesetzes über die pro- 
visorische Steuererhebung für 1868; 2) nach Erledigung obiger Gegenstände 
Auflösung der dermaligen Ständeversammlung und Einberufung einer neuen 
Landesvertretung; 3) der Regierung die Ermächtigung zu ertheilen, im Ver- 
ordnungswege diejenigen Bestimmungen zu treffen, welche in Gemäßheit der 
norddeutschen Bundesgesetzgebung nothwendig sind.
	        
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