Full text: Europäischer Geschichtskalender. Achter Jahrgang. 1867. (8)

                 Die suũddeutschen Staaten.                     189 
nationales Bedürfniß, die Wehrkräfte ihrer Länder so zu organisiren, daß sie 
zu Achtung gebietender gemeinsamer Action befähigt werden. II. Sie einigen 
sich deßhalb vorbehaltlich verfassungsmäßiger Mitwirkung ihrer Stände zu 
möglichster Erhöhung ihrer Militärkräfte unter einer den Prinzipien der 
preußischen nachgebildeten Wehrverfassung, welche sie zur Wahrung der na- 
tionalen Integrität in Gemeinschaft mit dem übrigen Deutschland geeignet 
macht. III. Als die Prinzipien dieser Wehrverfassung, welche den vier 
Staaten gemeinschaftlich sein sollen, werden bezeichnet: 1) Das Prinzip der 
allgemeinen Wehrpflicht, nach welchem die ganze diensttaugliche Mannschaft 
unter Aufhebung der Stellvertretung zum Dienste berusen ist, wird zu 
Grunde gelegt. 2) Die Dienstpflicht beginnt, vorbehaltlich früheren frei- 
willigen Zuganges mit dem vollendeten 20., in keinem Falle aber spätec als 
mit dem vollendeten 21. Lebensjahre. 3) Nach Umfluß der dreijährigen 
Präsenzpflicht tritt die Mannschaft in die Kriegsreserve ihrer Abtheilung 
unter Verwendung in der Linie im Kriege. 4) Dem Prinzipe der preußischen 
Wehrverfassung entspricht ein Formationsstand, welche im stehenden Heere 
(Linie und Kriegsreserve) ca. 2 Proz. der Bevölkerung beträgt, wovon durch- 
schnittlich die Hälste mit ca. 1 Proz. den wirklichen Präsenz-Stand bildet. 
Diese Prozentsätze werden von den vier Regierungen nach Kräften angestrebt, 
keinesfalls aber soll in ein Herabgehen unter ein Minimum von 1 1/2 Proz. 
für den Formationsstand des stehenden Heeres und von 1/2 Proz. für die 
wirkliche Präsenz eingegangen werden. 5) Nach Umfluß der Dienstpflicht 
im stehenden Heere erfolgt der Eintritt in die nach Verwaltungs= (Landwehr-) 
Bezirken zu bildenden Reserve-Bataillone (Landwehr ersten Aufgebotes) mit 
kurzen Uebungen im Frieden und mit Verwendung gleich der Linie im 
Kriege. 6) Die Dienstpflicht im stehenden Heere und in den Reserve-Ba- 
taillonen (Landwehr ersten Aufgebots) endet spätestens mit vollendetem 32. 
Lebensjahre. 7) Die Bestimmungen über weitere Dienstpflicht in der Land- 
wehr zweiten Aufgebots und über Landsturm werden nicht in den Bereich der 
Conferenz-Berathungen gezogen. 8) Während der dreijährigen Präsenzpflicht 
ist Verheirathung und Auswanderung unstatthaft. 9) Für Erhaltung tüchtiger 
Unteroffiziere wird gesetzliche Obsorge getrofsen werden. IV. Die Versammelten 
bekennen sich, bezüglich der Organisation ihrer Armeen, zu dem Prinzip, 
daß die Armeen so gleichartig eingetheilt und ausgerüstet werden, als zu deren 
gemeinschaftlicher Action unter sich und mit dem übrigen Deutschland noth- 
wendig ist. V. Um die einzelnen Contingente zu dieser gemeinsamen Action 
zu befähigen, einigen sich die Versammelten über folgende Grundlagen: 
1. Gleiche taktische Einheiten. In dieser Bezlehung wird die Formation der 
Infanterie in Bataillone zu 1000 Mann, eingetheilt in 4 Compagnien, die 
der Cavallerie in Regimenter zu 5 Schwadronen, diejenige der Artillerie in 
Batterien zu je 6 Geschützen als vollkommen zweckmäßlg anerkannt, und soll 
diese Formation in den vier Staaten durchgeführt werden. Die Formation 
der höheren taktischen Einheiten, wie Brigaden, Divisionen u. s. w. ist zu 
sehr von dem Gesammtstande der einzelnen Contingente abhängig, als daß 
hiefür gemeinsam giltige Bestimmungen festgesetzt werden könnten; doch soll 
auch in dieser Beziehung die Formation von Armeecorps von 30,000 bis 
45,000 Mann geschehen, und hiebei auf ein Bataillon Infanterie, wenn nur 
immer thunlich, eine Schwadron Cavallerie, und auf je 1000 Mann In- 
santerie und Cavallerie drei Geschütze gerechnet werden. 2. Möglichste Ueber- 
einstimmung der Reglements. Sind die taktischen Einheiten gleichmäßig ge- 
bildet, so können bei den Exerzirvorschriften im Allgemeinen keine so wesent- 
lichen Verschiedenheiten bestehen, daß hiedurch eine gemeinsame Action erschwert 
wird. Als unabweisbares Bedürfniß in dieser Richtung wird dagegen an- 
erkannt: a) Gleichheit der Signale und d) der formellen Bestimmungen des 
Felddienstes. 3) Möglichste Uebereinstimmung der Feuerwaffen und Munttion. 
Für die Infanterie-Feuerwaffe werden zur Zeit noch allenthalben Verbesserungen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.