Die süddeutschen Staaten. 229
Verwerfung an. Fürst Löwenstein-Wertheim-Rosenberg stellt den
Vermittlungsantrag:
„In Erwägung, daß die Kammer der Reichsräthe stets bereit sein wird,
für den Fortbestand des Zollvereins und den großen Nutzen, den derselbe
dem ganzen Lande gewährt, die nöthigen Opfer zu bringen, sobald sie sich
nur auf dem Gebiete der materiellen Interessen bewegen und wenn nicht auch
nusere Selbstständigkeit bedroht wird, beschließt die Kammer, den vorgelegten
Verträgen nur unter der Bedingung die Zustimmung zu ertheilen, daß das
dem Staate Bayern in den seitherigen Zollvereinsverträgen zustehende Recht
der Zustimmung oder Ablehnung auch in den neuen Verträgen Ausdruck
findet" — mit dem Bemerken, durch eine gewisse Partei und selbst durch
preußische Agenten seien im Lande große Besorgnisse wachgerusen worden,
so daß ein panischer Schrecken herrsche; „wir wollen daher beruhigend auf
die Gemüther einwirken, indem wir Preußen die Möglichkeit bieten, auf neue
Unterhandlungen einzugehen.“
Die Kammer suspendirt die Sitzung, um dem Ausschuß Zeit zu
lassen, sich bezüglich des Antrags schlüssig zu machen und derselbe
beschließt, sich ihn anzueignen, worauf derselbe mit allen gegen 3
Stimmen angenommen wird. Der Minister Fürst Hohenlohe und
der Frhr. v. Thüngen als Führer der Reichsrathspartei gehen noch
am Abend nach Berlin ab, um sich ohne Verzug darüber zu ver-
gewissern, ob Preußen die Bedingung des Reichsraths annehme
oder nicht.
26. Oct. (Württemberg). Die sämmtlichen Handelskammern des Landes
haben sich nunmehr mit Entschiedenheit für Annahme der Zollvereins-
verträge ausgesprochen.
27. „ (Württembergy). Zahlreiche Versammlungen in den verschie-
denen Landestheilen sprechen sich theils für, theils gegen die An-
nahme der Zollvereinsverträge und des Schutz= und Trutzbündnisses
aus. In Stuttgart erklärt sich eine imposante Volksversammlung
für Annahme derselben, nachdem eben dasselbe bereits vom Gemeinde-
rath und vom Bürgerausschuß und von Seite des sog. liberalen
Wahlvereins geschehen war.
28.—31. Oct. (Bayern). Die öffentliche Meinung ist überzeugt, daß
Preußen sich zu der Bedingung des Reichsraths für Genehmigung
der Zollvereinsverträge nicht verstehen werde und von allen Seiten
werden neuerdings Deputationen, Adressen, Telegramme an den
Reichsrath für bedingungslose Annahme der Verträge gerichtet.
29. Oct. (Württemberg). II. Kammer: Debatte über das Schutz-
und Trutzbündniß mit Preußen. Der Antrag Probst's auf Ver-
schiebung bis nach dem Entscheide des bayerischen Reichsraths über
den Zollverein wird mit 49 gegen 37 Stimmen abgelehnt, die
Forderung einer Zweidrittelsmajorität mit 53 gegen 37 Stimmen
ebenso und das Bündniß schließlich mit 58 gegen 32 Stimmen
genehmigt.
Rede Varnbüler's: Es sei hingewiesen worden auf seine politische
Vergangenheit; auch ohne diese Erinnerung wäre es nothwendig gewesen, den