234 Die südddeutschen Staaten.
(nunmehr ohne Hessen) auf Grund der Beschlüsse der Stuttgarter
Conserenz vom Februar. Die Beschlüsse werden nicht veröffentlicht,
von den Regierungsorganen aber als „befriedigend“ bezeichnet.
6. Dec. (Baden). Die II. Kammer beschließt mit 44 gegen 3 Stim-
men (2 Ultramontane und 1 evang. Protestgeistlicher), den Groß-
herzog in einer Adresse zu bitten, noch auf dem gegenwärtigen
Landtage den Ständen einen Gesetzesentwurf vorlegen zu lassen,
welcher die Einführung der obligatorischen bürgerlichen Trauung und
die Uebertragung der Standesbuchführung an besondere Beamte
bürgerlichen Standes zum Gegenstand habe.
7. „ (Baden). II. -Kammer: Gelegentlich einer Anfrage bez. der
Festung Rastatt bemerkt der Ministerpräsident Matthy, daß Baden
wohl früher in den norddeutschen Bund würde eintreten können, ehe
Unterhandlungen mit den anderen südd. Staaten über gemeinschaft-
liche Unterhaltung Rastatts und Ulms zu einem Resultate führen
werden.
9. „ (Baden). Die II. Kammer erledigt zwei noch unentschieden
gelassene Punkte des Preßgesetzes, indem sie die polizeiliche Beschlag-
nahme beseitigt und eine Reihe von Preßvergehen den Geschwornen
überwiesen wissen will. Das Preßgesetz wird darauf als Ganzes
mit allen gegen 9 Stimmen angenommen.
10. „ (Bayern). Die I. Kammer stimmt dem Entwurf eines neuen
* Gewerbegesetzes mit Gewerbefreiheit ebenfalls bei, doch mit einigen
Modificationen namentlich bez. der Preßgewerbe.
11. „ (Württemberg). II. Kammer: Minister Varnbüler erklärt
bei Gelegenheit des Budgets des Ausw. „es sei entschiedene Ansicht
der Regierung, daß, nachdem sie die beiden Verträge mit Preußen
abgeschlossen und damit ihre nationale Pflicht erfüllt habe, kein
Grund sei, über diese Grenzlinie hinauszugehen."
12.—47. Dec. (Bayern). II. Kammer: Debatte über das neue Wehr-
gesetz. Referat des Abg. v. Stauffenberg.
Art. 2 des Entwurfs, wonach die Zahl der jährlich in die active Armee
zur Herstellung des Formationsstandes Einzureihenden je für die Dauer von-
zwei Jahren durch Gesetz (Contingentsgesetz) bestimmt werden soll, wird an-
genommen, trotzdem sich der Kriegsminister dagegen erklärt, weil dadurch der
Regierung ein ihr bisher zugestandenes Recht entzogen werde, welches niemals
mißbraucht zu haben sie sich bewußt sei. — Bei Art. 24 (Präsenzzeit) wird
beantragt, das Maximum derselben bei der. Infanterie auf zwei Jahre ge:
setzlich festzustellen, der Antrag jedoch, vom Referenten und vom Kriegs=
minister bekämpft, mit starker Mehrheit verworsen und der Arte in der
Fassung des Ausschusses angenommen: „Die Angehörigen der activen Armee,
einschließlich der Ersatzmannschaft, sind auch im Frieden der jederzeitigen Ein-
berufung und Präsenzpflicht unterworfen, sollen jedoch nur bis nach voll-
endeter militärischer Ausbildung, sowie zu vorübergehender Dienstleistung für
Erhaltung der gesetzlichen Ordnung präsent gehalten werden.“ (Der Kriegs-
minister erklürt, daß er im Budget für 1868 thatsächlich eine zweijährige