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Orslerreich.
letzteren eingeladen werden, dieser Punctation beizutreten. Ich unterlasse
nicht, beide Actenstücke Ew. zu persönlicher Kenntnißnahme mitzutheilen. Wie
Ihre Berichte es uns angekündigt haben, hat Graf Bray mir den Wunsch
seiner Regierung zu erkennen gegeben, vor der wirklichen Anknüpfung der
Unterhandlungen mit Preußen unsere Ansicht über dieses Programm zu er-
fahren und wo möglich unserer Zustimmung zu demselben versichert zu
werden. Bei aller Würdigung der Molive, aus welchen dieser Wunsch her-
vorgeht, und bei aller Empfänglichkeit für das uns erzeigte Vertrauen hake
ich dem königlich bayerischen Gesandten auch bei diesem Anlasse nur wieder-
holen können, daß die Lage in Deutschland von gewissen Wahrheiten beherrscht
wird, die man bedauerlich finden, aber nicht ohne gesährliche Folgen aus den
Augen verlieren kann. Eine solche Wahrheit ist es, daß den Bestrebungen,
welche Bayern im gesammtdeutschen Interesse, wie im Interesse der eigenen
Sicherheit versolgen zu können wünscht, die Bestimmungen des Prazer
Friedensvertrages entgegenstehen. Die Allianzverträge der süddeutschen Slaaten
mit Preußen haben diese Bestimmungen, noch ehe sie geschrieben waren, ver-
letzt, und ich habe unmöglich verkennen und verschweigen können, daß das
Project, welches die Unterschriften des Fürsten von Hohenlohe und des Frei-
herrn von Varnbüler trägt, diesen Widerspruch noch bedeutend verschärsen,
und vollständiger zur Erscheinung bringen würde. Von einem süddeutschen
Staatenvereine, wie er nach dem Prager Vertrage zwar in eine nationale
Verdindung mit Norddeutschland eintreten, aber neben demselben in völker-
rechtlicher Unabhängigkeit bestehen soll, ist in den bayerisch-württembergischen
Punctationen keine Spur geblieben. Statt dessen stellen dieselben einen
Organismus auf, in welchem — mit edber ohne gemeinsames Parlament —
jede selbstständige Regung der vereinzelten süddeutschen Staaten regelmäßig
in dem Willen der norddeutschen Bundesmacht verschrinden muß. Die Ficlien,
daß z. B. Südhessen als Bundesglied gleiche Rechte mit dem gesammten
Nordbunde haben soll, wird hicran offenbar sehr wenig ändern. Was aber
Oesterreichs Stellung betrifft, so ist es gewiß unseres Dankes werth, daß man
in München nur im Einverständnisse mit uns vorzugehen wünscht, allein
der Umstand, daß die bloße Aufforderung an Oesterreich, über die Con-
stituirung Deutschlands cine Meinung abzugeben, gewissermaßen die Schranken
des Vertrages überschreitet, durch welchen im verflossenen Jahre der Friede
in Deutschland hergestellt worden ist, macht für Oesterreich mehr noch als
die dadurch gebotene Reserre eine recht klare Auffassung der Sachlage und
eine derselben enisprechende Offenheit der Sprache zur Nothwendigkeit. Dem-
gemäß habe ich mich gegen den Herrn Grafen von Bray über das Ver-
hältniß, in welchem wir zu den mit dem Prager Vertrage unrereind#a#e#n
Thatsachen, vergangenen oder künftigen steben, nechmals mit aller Aufrichtig-
keit ausgesprochen. Ich habe ihm erklärt, daß Rücksichten der Oppertunitss
sehr wohl die Regierung Sr. Majestät des Kaisers vorläufig bestimmen
können, solche Thatsachen zu ignoriren, und daß diese Regierung gerne aus
den deutschen Sympathieen, welche sie sich kewahrt hat, Einfluß auf ihr Ver-
halten gestattet, so lange sie nicht die Interessen des eigenen Reiches für ge-
fährdet halten muß. Das Verlangen dagegen, daß das kaiserliche Cakine#t
den Allianz-Verträgen, welche es bis jetzt stillschweigend hingenemmen bat.
und selbst noch weitergehenden Verletzungen des Prager Vertrages seine Zu-
stimmung ertheilen solle, dieses Verlangen habe ich unumwunten als un-
erfüllbar bezeichnet, und darauf hingewiesen, daß Oesterreich in seiner Laze
vielmehr sich sorgsältig hüten müsse, irgendrie durch Wort edher That si
des Rechtes zu begeben, auf die Verfügungen des Prager Friedenstractaies
zu gelegener Zeit sich zu berufen. Ferner habe ich dem Grafen Sray rikkt
verhehlt, daß ich mir nicht zu erklären rermöge, wie man durch die rzze
Bestimmung des Münchner Programmes, daß eine Allianz mit Oesülerreich
geschlossen oder angehahnt werden solle, uns zu einer Aenderung unserrr